Miu - Aufwärmtraining einer anderen Art

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12.10.2014

Lachend nimmt er mir mein Buch aus der Hand und begibt sich in die Gasse.

Oh Freundchen, wenn du wüsstest worauf du dich gerade ein gelassen hast.

Vor mich hin kichernd folge ich ihm schnell, zum einen weil es mich schon in den Fingern juckt endlich zu tanzen und zweitens, weil er den Schirm mit sich genommen und mich im Regen hat stehen gelassen. Das bedeutet Rache.

Ich bewege mich zum linken Rand und stelle mich unter eins der Dächer, um kurz dem Regen zu entkommen. Circa zwei Meter neben mir lehnt mein Herausforderer seinen Schirm an das Sofa und legt mein Buch auf das Sofa, bevor er sich grinsend zu mir umdreht.

Von jetzt auf gleich wurden seine Augen allerdings so groß wie Untertassen und starren mich an. Das Grinsen entweicht ihm ebenfalls.Langsam wandern sie nach unten und begutachten zum ersten mal den Wasserschaden auf meinem T-Shirt. Plötzlich und mit einem Lächeln auf den Lippen schaut er verlegen zur Seite während er gleichzeitig beginnt, sich sein Hemd von der schmalen Hüfte zu binden. Von seiner plötzlichen Veränderung im Verhalten und Gesichtsausdruck verwirrt runzle ich die Stirn und sehe nun ebenfalls nach unten. Entsetzt muss ich feststellen, WIE durchsichtig mein T-Shirt durch den Regen geworden ist, sodass man jetzt hier im Trockenen die Umrisse von Dingen sehen kann, die für fremde Augen eigentlich ungesehen bleiben sollen, sonst hätten Oberteile weltweit keinen Sinn.

Oh“, sage ich leise. Zu mehr bin ich nicht in der Lage. Aufgrund dieser Peinlichkeit bin ich im Stande die Röte auf meinen Wangen zu spüren,die sich langsam ausbreitet, denn auf einmal wurde mir richtig heiß. Obwohl das der perfekteste aller perfekten Momente war, um vor Scham im Erdboden zu versinken, macht mir die Tatsache, dass ich trotz allem meinen kleinen Wet - T-Shirt - Contest wahnsinnig witzig finde, einen Strich durch die Richtung. Egal wie schlimm die Situation ist, bis jetzt hat mich jede meiner Peinlichkeiten immer selber zum lachen gebracht.

Das Köstliche daran ist, dass Mr. Regenschirmhalter deswegen total durch den Wind zu sein scheint und mir deshalb in diesem Moment sein Hemd entgegen hält. Leise vor mich hin kichernd nehme ich es ohne zu Zögern entgegen und betrachte ihn genauer, während ich den weichen Stoff über meine Haut ziehe.

Seine Wangen sind genauso rot wie ich mir meine vorstelle und seine Augen wandern von einem Ort zum andern, nicht wissend, wo sie hinschauen sollen, Hauptsache nicht zu mir. Ich frage mich, wie anstrengend es wohl sein muss, nicht in meine Richtung zu schauen, denn es scheint, als müsse er sich stark darauf konzentrieren sich unter Kontrolle zu haben. Dass er allerdings dann lieber einer Plastiktüte am Eingang seine Aufmerksamkeit widmet finde ich in einer Art erleichternd aber irgendwie auch beleidigend... Ok nach genauerem Bedenken bin ich definitiv glücklicher darüber, dass er die Tüte ansieht und nicht mich, sonst wäre er am Ende noch ein Spanner und wir wollen ja nicht sein Hollywood–Traumboy-Image im Asiastil zunichte machen.

Mit Händen in den Taschen räuspert der Kleiderspender sich und holt mich wieder in die Realität zurück.

Mich noch immer nicht ansehend fängt er an zu reden: "Da wir ja beide Tänzer sind willst du doch bestimmt auch einen fairen Kampf, da sind nasse Shirts unfaire Mittel. Am Ende denkst du noch ich hätte dich aus Mitleid gewinnen lassen oder... wie sag ich das jetzt am besten... weil ich einen Kampf mit meinen Hormonen gewinnen musste und mich deshalb nicht konzentrieren konnte? Ich mein, nichts für ungut, ich finde es gut, dass ich dank dir meine Sehstärke überprüfen und verbessern konnte und dafür kein Geld ausgeben musste, aber ich denke nicht dass das in deinem Sinne ist, deshalb das Hemd. Zur Ablenkungsregulierung.“. Während er das sagt, wird sein Grinsen immer dreckiger und dadurch immer ier, und Gott, war er y , und dabei sehe ich ihn nur von der Seite.

Während die meisten Mädchen wohl nach seiner Erklärung wieder gehen würden, bleibe ich stehen und grinse ebenso dreckig, denn ich finde seine Art von Humor und Sarkasmus einfach zu gut. Endlich mal jemand, mit dem ich mich anständig unterhalten kann, ohne, dass der andere sich angegriffen fühlt.

HA!“ Mein lautes Auflachen lässt ihm keine andere Chance als mich wieder anzusehen. Nach kurzer Vergewisserung, dass ich nicht komplett durchgedreht, aber dafür angezogen bin und alles wieder abgedeckt ist, sieht er mich jetzt skeptisch und überrascht an. „Warum lachst du?“, fragt er. Mit dieser Reaktion hatte er wohl nicht gerechnet. Gut so! Mein Grinsen wird breiter.

Du redest hier von einem fairen Match, aber dir ist selber nicht bewusst, dass du dann eine Ablenkung für mich bist, oder?“

Noch immer nicht verstehend, vertiefen sich die Falten auf seiner Stirn und seine Augen werden noch schmaler, sodass er aussieht wie ein Shar-Pei Mix, der Lieblingshundeart meines Vaters - einfach zum knuddeln. OK, wow, habe ich das gerade wirklich gedacht? Faszinierend, wie man sein eigenes Hirn bescheißen kann, denn sähe er nur 'zum knuddeln' aus, würde ich jetzt nicht hier mit ihm stehen und ihn heimlich still und leise anschmaaaaaahhh ich mein natürlich ab scannen, um mir meine Chancen auszurechnen, genau das! Gedanklich seufze ich und schäme mich für mich selbst, denn das war der schlechteste Save aller Zeiten. Aber hey, ich bin auch nur ein Mensch, wenn er schon so vor mir steht muss man das auch ausnutzen, sooft bekommt man das hier nicht zu sehen. Und auf das beziehe ich mich auch, als ich meinen Arm ausstrecke und mit dem Zeigefinger, welcher von dem zu großen Hemd überdeckt ist, auf seinen Oberkörper zeige.

Kapitän Astralkörper folgt mit dem Blick meinem Finger und sieht an sich herab wie ich kurze Zeit zuvor an mir. Als er grinsend seinen Kopf wieder hebt, weiß ich, dass er es endlich verstanden hat, denn an diesem Grinsen lese ich ganz genau ab, dass er sich der Wirkung seines Körpers durchaus bewusst ist.

Da er den Schirm eine Zeit lang über mir gehalten hatte, ist sein Oberteil ebenfalls triefend nass und liegt eng an seinem Körper, sodass jeder verdammte Bauchmuskel zu sehen ist. Auch glänzen seine Armmuskeln vor Nässe und wirken noch besser. Er hat die perfekte Menge an Muskeln und macht mich damit psychisch total fertig. Verdammt, dieser Kerl gehört verboten!

Die da sind ebenfalls unfaire Mittel. Die da haben den gleichen Effekt auf uns Mädels wie die da“, mit meiner anderen Hand zeige ich auf meine Oberweite „für euch. Denk auch mal an unsere Hormone! Es ist ein Wunder das ich noch nicht auf meine Knie gefallen bin vor Schwäche, oder glatt in Ohnmacht.“. Meinen zuvor ausgestreckten Arm nutze ich jetzt als Fächer und wedle mir Luft ins Gesicht, als wäre mir auf einmal unglaublich heiß und bringe neben meinem Smirk sogar noch ein Zwinkern zustande.

Hab ich das gerade wirklich gesagt? Wo kam das denn bitte her? Und was tue ich hier bitte?! HILFE!

Wenn es überhaupt noch möglich ist, grinst der mir gegenüber stehende gegen meine Erwartungen noch breiter, ohne dass sein Mund dabei zerreißt. Mit diesem teuflischen Grinsen fängt er an mit seinen Muskeln zu spiele. Er hat wohl verstanden, was für ein Spiel ich spiele und spielt erfreut mit. Muskeln an-und abspannend kommt der Spielmeister langsam auf mich zu. Von dieser Aktion zum Lachen gebracht, schließe ich meine Augen und atme einmal tief durch, ich darf jetzt nicht die Konzentration verlieren. Als ich meine Augen öffne schaue ich direkt auf ein Paar volle Lippen und weiße Zähne, die zusammen ein umwerfendes Grinsen bilden. Er war nur wenige Zentimeter größer als ich, weshalb ich immerhin nicht auf seine Brust starre und umgehe somit den Drang diese nocheinmal zu berühren und das würde das alles hier nun wirklich awkward machen.

Aus dem Augenwinkel sehe ich immer noch seine Muskeln tanzen, kann aber nicht meinen Blick von seinen Mund wenden. Er ist mir in der kurzen Zeit viel schneller näher gekommen als es eigentlich hätte möglich sein können, wie hat er das gemacht? Ist er samtpfotenartig wie eine Katze vor gesprintet als ich kurz meine Augen geschlossen habe? Hat er sich vor mich teleportiert oder ist gar geflogen? Ich kann mir keine logische Erklärung geben, denn diese plötzliche Nähe macht mich nervös. Wieder werden meine Wangen rot.

Langsam wandert mein Blick nach oben, bis ich auf Augen treffen die mich interessiert durchbohren. Wenn ich ihm zuvor noch gut Konter geben konnte, stehe ich jetzt wie ein mutierter Karpfen vor ihm und öffne und schließe meinen Mund, willig, etwas zu sagen, aber es kommt kein Ton heraus.In totaler Starre verharrt und mit großen Augen stehe ich nun hier, ein puterroter Karpfenmutant ohne jegliche funktionierende Gehirnaktivitäten und beobachte jede kleine Veränderung bei dem Jungen mir gegenüber.

Er hat aufgehört mit seinen Muskeln anzugeben und steht nun ebenfalls ruhig vor mir, viel gelassener als ich, aber seine Augen sind in ständiger Bewegung und sie scheinen jedes Detail meines Gesichtes aufnehmen zu wollen. Sein Grinsen wird immer mehr zu einem sanften Lächeln.

Er ist der erste von uns beiden der sich schon nach kurzer Zeit wieder bewegt. Langsam hebt er seine Arme und legt seine warmen Hände auf meine Wangen. Diese werden noch heißer und ich mache mir ernsthaft Sorgen um seine Hände, nicht das er sich diese noch verbrennt. Langsam beugt er sich nach unten, damit wir uns gerade in die Augen sehen können und wobei er mir allerdings sehr nah kommt. Viel zu nah! Ich will meinen Kopf zurückziehen, aber seine Hände halten ihn fest, zwingen mich ihn noch weiter anzusehen.

Kann es sein, dass du mit Nähe anderer Menschen echt deine Probleme hast?“ Ich schrecke hoch als er auf einmal zu sprechen beginnt und genau ins Schwarze trifft. Er scheint es zu bemerken, denn sein Lächeln vertieft sich augenblicklich. „Bist du etwa schüchtern? Macht dich meine Nähe gerade verlegen? Du bist nämlich extrem rot, meine kleine unbekannte Tomate und das ist echt süß, weißt du das“. Süß? Endlich wieder in der Lage mich zu bewegen schlage ich seine Hände weg und weiche sofort einige Meter zurück bis ich gegen den Tisch mit der Anlage stoße. Schnell drehe ich mich zu ihr um. Mit geballter Kraft sammele ich mich wieder und versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie aufgewühlt ich wegen der vorherigen Aktion in Wirklichkeit bin. Süß? Ich bin nicht süß, niemals, und das werde ich ihm beweisen.

Pah, das hättest du wohl gerne! Bilde dir ja nichts drauf ein! Ich war nur überrascht, wer hätte nicht so reagiert, wenn auf einmal ein Fremder vor einem steht und frohgemutes seine Muskeln in wenigen Zentimetern entfernung vor einem jungen Fräulein in einer dunklen verlassenen Gasse spielen lässt?“ Stille. „Wer weiß was deine wahren Absichten hinter diesem Dancebattle sind? Versprichst du dir hieraus wirklich nur einen Sieg? Aber eins ist klar! Ich werde dich so in deinem Stolz als angeblichen Tänzer und als Mann verletzen bis du weinend wie ein kleiner Junge am Boden liegst, am Daumen lutschend nach deiner Mama rufst und kümmerlich vor dich hin weinst. Weil ein Mädchen, auch bekannt als dein zukünftiger größter Albtraum, dich fertig gemacht hat, dann werde ich dich voller Schadenfreude auslachend diesen Ort zu meinem Eigen machen. Vielleicht mit einem pinken Plüscheinhorn hier oder einem glitzernden Herz an der Wand da. Und wie zur Hölle geht dieses Ding an?“ Wie wild drücke ich die Knöpfe auf der Anlage, ohne Erfolg.

Seufzend drehe ich mich um und schaue nun wieder Hilfe suchend den Fremden an; ich will das hier endlich hinter mich bringen. Allerdings schaue ich ins Leere, denn er steht nicht mehr da wo ich ihn verlassen hatte. Verwundert sehe ich mich um und entdecke ihn mit weit auseinanderliegenden gestreckten Beinen, die Hände stützend hinter seinem Rücken und vor sich hin kichernd auf dem Boden sitzen. Das kann doch nicht wahr sein, hat er einen Clown verschluckt? Anscheinend ist er auch so schon Kleinkind genug, da muss ich sein Stolz erst gar nicht erst verletzen.

Ich verschränke meine Arme vor der Brust und ziehe demonstrativ die Augenbraue hoch. „Warum lachst du jetzt schon wieder?“ Frage ich ihn.

Er strahlt mir mit seinem 200 Volt Lächeln entgegen, welches noch immer ein engelsgleiches Lachen hervorbringt. Er schaut mir direkt in die Augen als er ohne zu zögern beginnt meine Frage zu beantworten: „Ok, vier Sachen. Erstens: Frohgemutes? Was ist das denn für ein Wort? Aus welcher Zeit kommst du bitte?“

1960. Das Wort ist da wo ich her komme sehr geläufig und zum Nutzen für Jedermann. Meine für dich nicht mehr all zu moderne Gerätschaft meines Großvaters die mich durch die Zeit transportierte und an diesen wahrhaftig herrlichen Ort brachte ist eigentlich genau hier von mir begraben worden, weshalb ich den Austausch von Tanzbewegungen zu dieser neu zeitigen und viel zu lauten Musik gewinnen muss, damit ich sie ausgraben und frohgemutes wieder in mein gemütliches Heim zu meiner entzückenden kleinen Familie kann. Auch wenn es eine Wonne war hier in der fernen Zukunft quartieren zu dürfen, muss auch ich irgendwann meinen Heimweg antreten. Weiter.“, entgegne ich ihm prompt, doch er schüttelt nur weiterhin lächelnt den Kopf bevor er weiter spricht.

Zweitens: Was ich mir hieraus außer einem Sieg verspreche?“ Grinsend legt er seinen Kopf schief und scheint zu überlegen während er mich eingehend mustert. „Geplant war jedenfalls nichts anderes, aber die besten Dinge passieren ja bekanntlich wenn man sie nicht geplant hat, nicht wahr?“ Schelmisch lässt er seine Augenbrauen auf und ab hüpfen.

Verdutzt schaue ich ihn an. Mit meinen Augen weit aufgerissen und einem gerade frisch aufgesetzten Gehirn starre ich ihn an. „Was hast du gerade gesagt?“, frage ich leise. Hab ich das richtig verstanden? Da ich wie gesagt eigentlich nicht gut alleine mit Jungs reden kann - und es bis jetzt ein Wunder ist, dass ich so viele sogar schlagfertige Sätze geben konnte und kaum schüchterne Anfälle habe – habe ich schlussendlich doch meine Schwierigkeiten mit solchen Sätzen umzugehen. Sind sie ernst gemeint? Oder wird nur mit mir gespielt? Kurz spüre ich, wie sich die unsichere Miu wieder zu zeigen versucht. Als Antwort bekomme ich nur ein böses Grinsen und Schulterzucken seinerseits. Danke, aber das hilft mir nun wirklich nicht weiter.

Drittens“, fährt er fort „Du kleiner Panda sollst mein größter Albtraum sein? Das ich nicht lache! Du musst schon einiges drauf haben um gerade mal eine Nebenrolle in meinen Träumen zu bekommen oder überhaupt vorzukommen. Wenn ich also demnächst von einer tanzenden Tomate oder einem Panda mit einem Drang zu sarkastischen Antworten träume sag ich dir Bescheid, ja?“

Puff. Mein eigentlich unsicheres und schüchternes Ich das sich gerade wieder zeigen wollte ist auf einem Schlag verschwunden und macht wieder Platz für die Miu, die die ganze Zeit schon mit einem Fremden redet als wäre es das Normalste auf der Welt und von dessen Existenz  bis vorhin keine Ahnung hatte. Aus meiner Starre wieder erwacht, kneife ich meine Augen zusammen, beiße meine Zähne zusammen und lächel ihn gezwungen an.

So leid es mir tut“, zische ich zwischen meinen Zähnen hervor „muss ich dich was das nächsten Treffen anbelangt enttäuschen, denn das wird niemals stattfinden.“

Niemals?“

Niemals!“

Und wieso nicht?“

Ich sehe ihn an. Unschuldig, mit noch immer leicht geneigtem Kopf, blickt er zu mir auf und schiebt schmollend seine Unterlippe vor. Eine Schmollattacke, na toll. Wie soll ich dagegen ankommen bitteschön?! Schnell schaue ich an die Wand links von mir und betrachte die Mauersteine voll falschem Interesse.

Ist das da etwa waschechter Beton? Unglaublich! Wo haben die den denn her?!“, versuche ich der Frage auszuweichen.

Dir fällt kein Grund ein, oder?“, höre ich seine Stimme. Mir fällt wirklich kein Grund dagegen ein, wie könnte mir auch! Aber wie soll ich ihm erklären, dass ich einfach ein Gefühl habe das mir sagt, dass es besser wäre ihn nicht näher kennen zu lernen?

Auf einmal bekomme ich die Idee.

DU HAST MUNDGERUCH!“, schreie ich ihm entgegen. Zu meiner Verteidigung: Ich habe niemals behauptet, dass die Idee eine Gute ist.

Seine Augen überrascht und entsetzt aufgerissen schlägt er sich auf die Brust „ICH?!“

JA! Weißt du noch als wir vorhin uns gegenüberstanden und -“

Meinst du das von vor 2 Minuten? Ich mein ok, wir standen uns wirklich nah und ich meine wirklich, WIRKLICH nah, ich konnte sogar -“, unterbricht er mich.

HALT STOP! Sei brav und lass andere Menschen ausreden, so wie du es von deiner Mutter gelernt hast! Das ist sonst unhöflich“, weise ich ihn zurecht, mit der Hoffnung, durch die Erwähnung der zuvor bestandenen Nähe nicht wieder rot zu werde.

Aber du hast es doch gerade selber getan!“. Jetzt beschuldigt er mich hier auch noch ihn ebenfalls unterbrochen zu... ohhhhh. Verdammt. Jetzt wo er es sagt... er hat recht.

Das... das ist was anderes!“

Ach wiiiiirklich? Und in welcher Hinsicht ist das so?“ Amüsiert und schon regelrecht auf die Antwort gespannt, schnallt seine Augenbraue auffordernd in die Höhe.
Ich schlucke. „Nun, ich und naja in meiner Situation ist das nun mal und weißt du, dass ist so, ich bin...ich...ach was zur Hölle! Ist das jetzt wichtig?“ Empört blase ich meine Wangen auf und sehe ihn böse an.
Anscheinend war meine Antwort für ihn amüsanter als gedacht, denn es grenzt an ein Wunder das er vor Lachen nicht auf dem Boden rumrollt.

Ja, ja das ist es! Aber ich glaub ich kenne den Grund schon!“ Kichernd zeigt er auf mich.

Du bist im Geheimen der Kugelfisch aus 'Findet Nemo' mit sonder Rechten!“. Sein Kichern vertieft sich und er hält seine Hand vor seinen Bauch. Erst jetzt wird mir bewusst wie ich wohl aussehen muss und unterdrücke mit größter Anstrengung ebenfalls mein Lachen.

Noch einmal reiße ich mich zusammen und sehe ihn todernst an.

Was sagst du da, kleiner Haihappen uhaha?“ Ich reiße meine Augen so weit auf wie es geht auf und versuche so viel Luft in meine Wangen zu stopfen wie nur möglich.

Jetzt war es um ihn geschehen und er rollt nun wirklich über den Boden.

Der Lachsack stößt dabei das mit Abstand entzückendsten Lachen hervor das ich je gehört habe. Er versucht noch etwas zu sagen, aber ich verstehe es kaum, da der Satz durch sein Lachen ziemlich undeutlich wird. Dieses ist im Vergleich zu vorhin höher und erinnert jetzt eher an ein Kind das fröhlich vor sich hin gluckst. Seine Augen werden noch schmaler und sind nun nur noch als Schlitze zu erkennen. Es ist durch und durch ein ehrliches und echtes Lachen. Während ich ihn so beobachte frage ich mich, ob ich jemals einen Menschen so zum Lachen bekommen habe. Ich erinnere mich an kurze Auflacher hier oder leises Gekicher da, aber an einen so großen Lachanfall kann ich mich nicht erinnern. Jedenfalls wenn man mich nicht dazu zählt, denn ich finde mich manchmal echt zum schießen, wenn ich mal einen meiner Witze in Gespräche einwerfe und zum ersten befindet sich hier jemand direkt vor meinen Augen, der diese Meinung anscheinend mit mir zu teilen scheint. Live und in Farbe!

Ich spüre wie sich langsam ein immer breiter werdendes Grinsen in mein Gesicht schleicht, bis wir beide wie zwei Bekloppte lachen, weil diese Situation einfach zu absurd ist. Ich lache so sehr, dass meine Beine unter mir nachgeben und ich jetzt das Tischbein in meinem Rücken spüre, während mir langsam meine Lachtränen über meine Wangen wandern.

Als ich ihn nach einer Weile wieder ansehe treffen sich unsere Augen und wieder fangen wir beide an zu lachen. Das ganze wiederholt sich einige male, weshalb ich nicht weiß, wie viel Zeit vergangen ist, als er sich seine eigenen Lachtränen aus den Augenwinkeln wischt und ein lautes Seufzten von sich gibt, wonach er aber sofort wieder anfängt zu kichern.

Okay, es ist offiziell.“ Neugierig und ebenfalls immer noch kichernd drehe ich meinen Kopf und sehe ihn an. Wann habe ich mich eigentlich auf den Boden gelegt?

Er schaut mir in die Augen als er wieder zu sprechen anfängt.

Von heute an taufe ich dich auf den Namen Puff! Trage den Namen in Ehren!“
„Ach, halt die Klappe!“ Lachend schnappe mir eine Flasche von dem Haufen hinter mir und werfen ihn ab, jedoch wehrt er sie amüsiert ab, wirft sie zurück und trifft mich an der Schulter.

Oho, dass hast du jetzt nicht getan! Na warte!“ Schnell setzte ich mich auf, schnappe mir die Flasche und werfe sie wieder zurück. Da ich einen unglaublich großen Vorrat von diesen Dingern hinter mir liegen habe, fliegen diese auch gleich hinterher.

„Ok,ok, ich ergebe mich, sonst sitzen wir noch morgen hier, oder hast du zufällig deinen Schlafanzug und deine Kuscheldecke dabei?“, frage ich außer Atem. Mit echt schlechtem schauspielerischen Talent sieht er sich um bevor er entsetzt gegen seine Wangen schlägt. Ein lautes klatschen ist zu hören und ich zucke zusammen.

Verdammt, die Sachen hab ich doch glatt in meinem Diamantschloss vergessen!“, schmollend lässt er seine Hände in seinen Schoß fallen. Diamantschloss? Leicht kneife ich meine Augen zusammen und lache.

Wann genau wolltest du mir sagen, dass du in Wahrheit Barbie bist?“.

Nun, ich dachte das sei offensichtlich!“. Mit erhobener Nase schaute er gen Himmel und wirft mit seiner Hand sein nicht vorhandene langes und prachtvolles Haar zurück.

Offensichtlich, aber zurück zum Thema.“ Ich setze mich wieder aufrecht hin und sehe ihn an. „Was sind die Punkte 3 und 4 die du mir vorhin noch sagen wolltest?“.

Punkte 3 und 4?“ verwirrt sieht er mich an. Ich nicke leicht mit meinem Kopf.

Ach ja genau! Laut Paragraph 105, Absatz 21 der Gassen-Trainingverordnung ist es verboten, mädchenhaftes Zeug - seien es pinke Plüscheinhörner, Glitzersterne oder sonstiges - in jeglicher Art hier zu positionieren sowie Gurken nach vier Uhr Nachmittags zu sich zu nehmen.“

Verwirrt starre ich ihn an während er vollkommen ernst zurück starrt. „Warum Gurken?“

Er zuckt bloß mit seinen Schulter. „Ich mag keine Gürkchen.“. Schelmisch grinst er mich an. Seufzend schüttele ich den Kopf, kann dabei aber nicht verhindern, dass meine Mundwinkel zucken. „Und viertens?“
„Viertens...“ Mit einer Eleganz die einer selbsternannten Barbie würdig ist macht er seinen Weg in Richtung der Musikanlage.

"Oh, ach ja, da war ja was." Mit einem nervösen Lachen stehe ich auf und spiele am Saum seines Ärmels herum.

Ich höre, wie die Musik anfängt zu spielen und versucht immer mehr zu mir durchzudringen. Der Bass trommelt an meinen Trommelfeldern, fast auffordernd mich endlich zu bewegen, doch ich bewege mich nicht und nehme sie nur wie durch Watte war. Nur mein im Takt wippenden Fuß, dem anscheint einzigen noch funktionierenden Körperteil an mir, ist der einzige Hinweis darauf, dass ich eventuell gerade noch in Betracht gezogen habe jemanden in Grund und Boden zu tanzen.

"Puffi?" Was war das? "Panda?" Nur dumpf nehme ich die Wörter war. Meine Augen sind wie gebannt auf einen Fleck geheftet ohne jeglichen Fixpunkt. "Hey..." Eine Hand legt sich auf meine Schulter, und ich zucke erschrocken zusammen. Verwundert stelle ich fest, dass alles wieder ist wie zuvor. Meine Sicht ist klar und auch die Musik ist deutlich zu hören. Vorsichtig schaue ich auf und begegne einem besorgten Blick. "Ist... ist alles okay bei dir?" Langsam nicke ich. Peinlich berührt schaue ich allerdings wieder weg. Erst eine große Klappe haben und dann kneifen. Wiedermal verstehe ich mich selbst nicht. Ich tanze doch auf der Straße, umgeben von zig weiteren Menschen die mich von allen Seiten anstarren. In der Schule mag ich es nicht, weil ich da meine Musik nicht um mich habe aber auf der Straße springe ich hin und her als gäbe es niemand anderen außer mir, warum also kann ich vor ihm, einer einzelnen Person, mit laufender Musik nicht auch tanzen? Wieso macht er mich so nervös? Erneut hebe ich meinen Blick, nur um in die noch immer mit Besorgnis gefüllten Augen zu blicken. Kann es sein... kann es sein dass es daran liegt, dass er mir wirklich, und ich meine wirklich zusieht? Auf jede meiner Bewegungen achten wird, auf jeden meiner Atemzüge und auf jeden Takt der Musik im Einklang mit meinem Körper? Weil er mich wirklich für mich so ansieht und nicht weil ich ein Freak auf der Straße bin? Weil ich seine alleinige Aufmerksamkeit habe? Vielleicht setzt mich die Angst, am Ende nicht gut genug zu sein und ihn und mich zu enttäuschen, einfach so sehr unter Druck, dass mein Körper aufgehört hatte intuitiv wie gewohnt zu handeln.

Während ich versuche meine Gedanken zu sortieren, bricht keiner von uns beiden den Blickkontakt ab. Während wir uns ansehen, kommt das Gefühl in mir auf, als würden wir uns aufeinander zubewegen, uns nähern, ohne uns tatsächlich zu bewegen und irgendwie... nun ich weiß auch nicht, erfüllt mich dies mit einer Vertrautheit aber auch Neugier und die dazugehörige Frage, warum ich das fühle, ob er das auch merkt?

Ich bemerke wie sein Blick während meines stillschweigenden Nachdenkens ebenfalls nachdenklich wird und er lässt seinen Blick über mein Gesicht schweifen, wofür er den Blickkontakt unterbricht. Gleich fühle ich mich viel leerer und verlassener. Er fühlt sich jetzt weiter weg und unerreichbar an. Ein kalter Schauer läuft über meinen Rücken, als hätte man mich einsam und allein draußen auf der Straße stehen gelassen, doch das zeige ich ihm gegenüber nicht, immerhin kenne ich nicht einmal seinen Namen.

Wahrscheinlich würde ich wieder in tiefsinnige Gedanken zurückfallen, würde er mich nicht gerade mit einem leicht gesenkten Kopf und mich schelmisch, verspieltem Blick verführerisch angrinsen. In diesem Augenblick entscheidet sich mein Gehirn, die Musik wieder in meinen Körper eindringen zu lassen, sodass ich den Bass wieder deutlich spüren kann. Wenn mein Körper gerade noch eine schalldichte Wand gewesen war, war er nun ein Mikrofon, welcher gierig versuchte jeden einzelnen Ton in sich aufzunehmen.

Meine Nervosität und Unsicherheit macht Platz für Neugier und verlangen, wobei eins mit dem Kerl vor mir zu tun hat. Gegen all eurer Erwartungen steht er in Verbindung zu meiner Neugier. Neugierig, was der Idiot jetzt schon wieder vorhat und das Verlangen, das nun zu erfahren. Ich weiß zwar nicht, woran ihr dachtet, aber das is es bestimmt nicht, ihr kleinen erslinge. Dass ich an dieser Stelle mit einem Teil meines Gehirn rede und versuche meinen Hormonen einzureden, dass es keinen anderen Ursprung für diese Gefühle gibt, versuche ich gekonnt zu ignorieren. So leicht darf ich mich nicht von seinem attraktiven Äußerem beeinflussen lassen.

Als der genannte Idiot meinen Blick sucht und gefangen hält, dringt der Lyrics zum ersten mal zu mir durch. 'I'm bringing y back' . Nach diesen Worten fängt er auf einmal an seine vorgeschobene Hüfte im Takt nach links und rechts zu bewegen. Langsam hebt er seine Arme bis sie angewinkelt sind, mit den Händen nahe an seinem derweil puterroten Gesicht. Langsam sickert die Erkenntnis zu mir hindurch, dass er hier gerade versucht mich abzulenken, mich aufzumuntern, irgendetwas zu tun, damit meine Nervosität - die er bemerkt zu haben scheint - verfliegt. Ein sanftes Lächeln legt sich auf meine Lippen.

Nur nebenbei nehme ich die Peinlichkeit und Unsicherheit in seinen Augen war, denn ohne es zu beabsichtigen handelt mein Körper sekundenspäter automatisch, als wäre das folgende das Natürlichste auf der Welt. Schon als ich ihn mit dem selben Grinsen entgegenblicke, stockt er in seiner Bewegung und schaut mich - zwar noch immer unsicher, aber mit überwiegender Neugier - an, als würde er sichergehen wollen, dass ich wirklich das mache, was er denkt.

Als ich zu meinem Grinsen dann auch noch anfange meine Hüften zu bewegen, langsam meine Arme hebe und sein menschliches Spiegelbild werde, blitzen seine Augen auf. Er führt zwar seine Bewegungen fort als wäre es nichts, jedoch kann er in seinem dreckigen Grinsen nicht seinen Spaß und positive Überraschung über mein Handeln verstecken. Wenn uns jetzt jemand so sehen würde, würde er denken er habe zwei Affen mit geschädigter Triebssteuerung vor sich.

Als das Lied vorbei ist wird eine deutliche Veränderung in der Atmosphäre spürbar. Wir halten beide in unseren Bewegungen inne. Seriös und hochkonzentriert treffen sich unsere Blicke und warten die Sekunden Stille zwischen den Liedern ab, die sich jetzt schon wie eine Ewigkeit anfühlen. Schon in diesem Moment versuchen wir den Gegner allein dadurch in die Knie zu zwingen. Wäre der vorher geteilte Spaß nicht gewesen, könnte jetzt ein Krieg ausbrechen, gleich hier auf dem kalten Gestein und niemand außer uns würde ihn bemerken. Wir sind in unserer eigenen Welt. Jeder von uns wartet auf das Zeichen, das den Krieg in Gang setzten würde. Den ersten Takt. Den ersten Beat. Und dann kommt es. Das Lied beginnt und der Krieg bricht aus.

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Comments

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Jelly_Belly
#1
Chapter 46: The feeeeeeeeeeels omg
Jelly_Belly
#2
Chapter 45: "knollnasige Trottel"
Ich packs nicht mehr :'D
_Gotka_
#3
Chapter 44: Daaaaaaaaaaaamn
_Gotka_
#4
Chapter 40: *Crying in the corner*
♥♥♥
_Gotka_
#5
Chapter 34: ♥♥♥♥♥
_Gotka_
#6
Chapter 33: ♥♥♥♥♥
_Gotka_
#7
Chapter 32: ♥♥♥♥♥
_Gotka_
#8
Chapter 30: Awwwwwwwwwwwwwww so awkward and yet so cute :3
_Gotka_
#9
Chapter 24: Bis in 3 Wochen ;-D
_Gotka_
#10
Chapter 23: Kleine Frage..fährt ihr auf das B.A.P Konzert in Düsseldorf? :D
Wie immer tolles Chapter :D