Kairi - Noo!!!! Just No!!

Like us?!

24.11.2014

Du hast was?!“ Ich bin so fassungslos, dass ich nichts anderes von mir geben kann. Meine Augen starren auf das unscheinbare Papier in Yuris Hand. Durchbohren es quasi schon, hoffend es würde jetzt sofort in Flammen aufgehen oder noch besser zur Asche zerfallen. Natürlich ist das physikalisch unmöglich, aber ich darf doch wohl hoffen, dass auf einmal jegliche Naturgesetze aufhören zu wirken oder? Ich hätte auch nichts dagegen, wenn genau jetzt die Welt explodiert oder eine Zombie Seuche eine bevorstehende Apokalypse ankündigt. Sorry für diese melodramatischen Gedanken. Wirklich aber genau das geht mir gerade durch den Kopf. Wenn schon nicht die Welt dran glauben muss, dann wenigstens ich. Ist mir auch egal. Hauptsache wir wurden nicht zu diesen bescheuerten Auditions eingeladen. Nur weil Yuri so doof dämlich und bescheuert war...

Ihr seit selber Schuld. Außerdem...“

Wir haben uns mehrfach entschuldigt!!“, kontere ich sofort und lasse Yuri noch nicht Mals ausreden, obwohl ich mittlerweile genau weiß, dass sie das hasst. Miu sagt erst mal nichts. Wahrscheinlich ist sie mal wieder in ihren eigenen Gedanken versunken und wird gleich mit irgendetwas rausplatzen, was total out of place ist oder uns zum lachen bringt. Für sie ist es ja auch nicht so schlimm. Sie kann tanzen und es ist ihr auch nicht so himmelschreiend peinlich wie mir. Alleine der Gedanke meine zusammengestückelte Songtextversuche und meine Sprechgesang, ja er ist es nicht wert als Rap bezeichnet zu werden, in der Öffentlichkeit zu präsentieren, bereitet mir schon Bauchschmerzen und ekelhaft schwitzige Handflächen. Ja ich habe ein Selbstbewusstseinsproblem, ich schaffe es ja meistens noch nicht Mals einen ganzen Satz am Stück rauszubekommen, wenn ich mich mit Fremden unterhalte oder ich fange an so äußerst seltsames Zeug zu plappern (davon habt ihr schon Kostprobe bekommen also wisst ihr doch wohl was ich meine?!)

Aber erst am nächsten Tag!“, schreit Yuri zurück. „Wisst ihr wie ich mich gefühlt habe. Ihr habt ein verkackt lächerliches Gedicht von mir gelesen und GELACHT.“

Wir...“

ja jetzt weiß ich, dass ihr nicht richtig gelacht habt, sondern was auch immer. Aber wie sollte ich das damals wissen?! Hellsehen gehört nun wirklich nicht zu meinen zahlreichen Talenten!!“ Ihre Augen glühen regelrecht und ich starre genauso zurück. Wenn ich nicht halb so wütend gewesen wäre, hätte ich darüber geschmunzelt, dass sie damals gesagt hat oder dass sie selbst jetzt nicht auf Sarkasmus, wirklich eines ihrer zahlreichen Talente, verzichten kann. Aber nicht jetzt. Nicht nachdem sie mir oder eher uns so etwas angetan. Okay. Stop. Das klang jetzt echt viel zu überzogen. So als hätte sie mir meinen nicht vorhandenen und auch nie vorhanden seiende Freund ausgespannt. Ihr habt ja am Beispiel von Skateboardboy gesehen, wie schnell ich Jungs in die Flucht schlage. Nicht schon wieder. Dieses natürlich totale hässliche Gesicht, das mal wieder vor meinen inneren Augen aufblitzt und seine auch sehr nervigen Grübchen zu schau stellt, macht mich noch wütender. Ich bin nicht gewillt zurück zu weichen und Y natürlich ebenso nicht, mag wohl daran liegen, dass sie stur wie ein Esel ist.

Dabei hatte der Tag so schön angefangen. Meine Oma hatte sich von einer dreitätigen Bettlägrigkeit erholt. Die Schule war nicht halb so ätzend gewesen wie sonst. Was eher mit den ausgefallenen Stunde hat als mit irgendwelchen verbesserten sozialen Perspektiven zu tun hat, die eigentlich auch gar nicht mehr nötig ist. Dennoch wäre es ganz cool wenn der koreanische Part unserer Klasse nicht mehr ganz so scheiße wäre oder die Lehrer nicht mehr ganz so aus dem letzten Jahrhundert. Ja es wäre in der Tat ganz nice, wenn ich nicht jeden Tag um Nachsitzen bangen müsste, nur weil ich eventuell ein paar Sekunden zu spät gekommen bin. Der Nachmittag war auch mehr als nur ganz okay gewesen

(Flashback)

Ich haste die breite Einfahrt hoch ohne auf die Schönheit um mich herum zu achten. Die Bäume, die sie säumen, strahlen wunderbar orange rot im Licht, der schon tief stehenden Sonne. Als ich das erste Mal hier entlang gegangen war, hatte ihre Schönheit mir den Atem verschlagen. Genau wie das Haus, das jetzt vor mir erscheint. Es ist riesig zumindest dafür, dass es in Seoul auch wenn nicht mitten in der City liegt. Doch heute habe ich kein Auge dafür. Irgendwie kommt mir das ganze schon ein wenig vertraut vor. Seit dem doch irgendwie schicksalhaften Tag an dem ich mein Handy im Klassenraum vergessen hatte, hatte ich überraschend viel Zeit hier verbracht .

Erst nur um Yuris sehr cooles Equipment für unser Projekt zu nutzen. Aber auch nach Fertigstellung des Videos haben wir uns am Wochenende gesehen, in der Woche wird das wegen dem örtlichen Bildungswahn ziemlich schwer. Mal haben wir DVDs geschaut oder Y und Miu haben mir ein bisschen Seoul für Insider gezeigt oder wir haben eine unser Sessions abgehalten (Die eigentlich aus tanzen und singen bestehen sollten oder anderer kreativer Auslebe, aber meistens in hysterischem Gekicher enden). Sachen die man halt so macht zum chillen. Die beiden gaben mir die Vertrautheit, die mir hier so sehr gefehlt hatte. Wir kennen die gleiche Kultur. Lachen über die gleichen Witze. Wir mögen ähnliche Musik und wir alle lieben Bücher. Doch vom Charakter sind wir so verschieden, dass es nicht langweilig wird. Vor allem hatte ich endlich jemanden mit dem ich mich gründlich über diesen Auswandertrip auslassen kann. Sie hassen es hier und wollen möglichst schnell zurück genau wie ich.

Zusammen konnten wir Stunden einfach in Yuris riesigem Traumzimmer sitzen und erzählen. Lustige Geschichten aus der Vergangenheit. Von Freunden, von denen ich persönlich nie viele hatte. Von Dingen, die wir gerne getan haben. Von unseren zurückgelassenen Leben. Die beiden machen meinen ganzen Aufenthalt hier tatsächlich erträglich. So könnte ich mir vorstellen irgendwie bis zu meinem Abschluss zu überleben. Ich fühle mich tatsächlich gut.

Außer jetzt gerade. Ich bin mal wieder spät dran, wahrscheinlich liegt es mir im Blut, weshalb ich den ganzen Weg von der Bushaltestelle hatte rennen müssen. Schweiß fängt an meine Haare an meine Stirn zu kleben und meine Lungen fühlen sich an als würden sie explodieren.

Vielleicht sollte ich doch mehr Sport machen als bloß boarden, aber leider bin ich so sportlich wie ein Stein. Also gar nicht. Ich spurte die wenige Stufe hoch zu Tür und drücke auf die Klingeln. Das Haus sieht von außen sehr modern, aber zu gleich klassisch aus. Mit seinen riesigen Glasfenstern und der hellen Fassade. Die Tür aus dunklen Holz vor mir wird aufgerissen. Dahinter steht eine hübsche sportliche mittelalte Frau. Yuris Mutter. Ihre Züge sind vertraut deutsch. Ich deute eine kleine Verbeugung an. „Hallo Mrs D. “, sage ich. Sie lächelt mich freundlich an: „Oh Hi Kairi. Yuri ist noch in ihrem Zimmer.“ Sie tritt einen Schritt zurück und lässt mich rein. Mit einem weiteren Lächeln verschwindet sie wieder in ihrem Arbeitszimmer. Gleichzeitig nimmt sie einen weiteren Anruf an. Ich weiß, dass sie es nicht böse meint. In meinem Leben habe ich noch nie eine so geschäftige Person gesehen. Sie ist Designerin und immer auf dem Sprung. Ein Wunder, dass sie es schafft jeden Tag frisch zu kochen.

Ich fühle mich aber nicht unwohl. Während ich mich meiner Schuhe entledige und in Slipper schlüpfe, Yuris Mutter ist eine ausgemachte Korea Fanatikerin sodass sie bemüht ist jeden heimische Brauch auch in ihren Haushalt zu integrieren, denke ich über die Abwesenheit meiner chronischen Schüchternheit nach. Normalerweise saß ich bei Freunden zuhause, die ich noch nicht so gut kannte, die erste halbe Stunde immer steif auf der Bettkante und wartete sehnsüchtig darauf eine Ausrede zu finden wieder zu verschwinden. Geschweige denn das ich früher nie der Einladung einer Person, die ich erst ein paar Tage kannte gefolgt wäre oder komplett alleine durch ein Haus, das eigentlich fremd sein sollte, gelaufen wäre. Endlich habe ich es geschafft diese schreckliche Angewohnheit abzulegen, stelle ich erfreut fest und klopfe mir im Geiste auf die Schulter. Ich spurte die Treppe rauf. Vorbei an gerahmten Fotos und wunderschönen Skizzen von Kleidern die ich nie anziehen würde.

Ohne zu Klopfen reiße ich Yuris Zimmertür auf. Sie ist nicht zu sehen. Dafür ist aber die Tür zu ihrem begehbaren Kleiderschrank unter der Galerie auf. Ja richtig gehört ein Zimmer nur für ihre Klamotten und eine Galerie nur für ihre Bücher während manche von uns noch nicht Mals genug Platz für einen popeligen Bücherschrank haben! Ich lehne mich in die Tür des Kleiderschranks um Yuri zu beobachten wie sie ihre Frisur richtet. „Bist du immer noch nicht fertig?! Miu wird uns den Kopf abreißen“, stelle ich fest. Miu hatte im Gegensatz zu uns beiden nämlich das Gen der so hochgepriesenen deutschen Pünktlichkeit geerbt und steht wahrscheinlich schon am Kino oder sitzt wenigstens schon im Bus. Yuri schafft es im Gegensatz zu mir wenigstens pünktlich zur Schule zu kommen. Meistens. Ich habe mich schon gebessert! Ich schwöre. Jetzt komme ich nur noch in 50 Prozent aller Fälle zu spät. Immerhin. Da ich irgendwie immer noch die Neue bin drücken die Lehrer meistens noch ein Augen zu, wenn ich schwer atmend direkt hinter ihnen das Klassenzimmer erreiche. Aber eben nur meistens. Erst gestern bin ich haarscharf an Nachsitzen vorbei gerasselt.

Nachsitzen an sich wäre für mich jetzt nicht gerade ein Weltuntergang. So konnte ich wenigstens noch ein Weilchen der beengten Atmosphäre zu Hause entfliehen. Hier jedoch besteht es aus, ein weiterer Grund Korea zu hassen, wie die Lehrer es so nett ausdrückten gemeinnütziger Arbeit. Im Klartext: Klos putzen oder den Schulhof säubern. Taubendreck von Tischtennisplatten zu kratzen und Essensreste aus dem Gebüsch zu sammeln gehört nun mal nicht zu meinen bevorzugten außerschulischen Aktivitäten weshalb ich mich zum ersten Mal in meinem Leben anstrenge pünktlich zu sein und meinen Wecker sogar tatsächlich eher stelle. Ich besitze übrigens immer noch diesen schrecklichen Radiowecker, der mich jeden Morgen aufs Neue aufs Unsanfste aus dem Schlaf reißt.

Naja wie auch immer. Yuri ist jetzt fertig ihr Spiegelbild zu betrachten. Sie trägt ein paar einfache dunkle Röhrenjeans, die ihre unverschämt langen Beine zu Geltung bringen und ein nicht zu enges Bandshirt. Ich seufze. Sie sieht gut aus in diesen einfachen Klamotten und trotzdem chillig. Neben ihr und Miu, die leider auch einen super Körper und ein hübsches Gesicht natürlich nicht zu vergessen hat, komme ich mir immer wie ein Trampel vor. Nicht das Minderwertigkeitskomplexe habe oder so. Im Ernst. Eigentlich bin ich zufrieden mit meiner Figur. Immerhin bin ich nicht komplett entstellt, aber für mehr reicht mein Selbstbewusstsein dann doch nicht. „Jajaja“, antwortet sie mir reichlich spät und schneidet mir eine halbherzige Grimasse als wäre sie bei meinem Eintreten ziemlich tief in irgendwelchen bedrückenden Gedanken gefangen gewesen. Sie läuft an mir vorbei um ihre Tasche zu packen. Ich gebe meine Beobachtungsposten auf, da es nichts mehr zu beobachten gibt und schlürfe planlos durch ihr Zimmer während sie wie ein Wirbelwind herum wuselt und wie es mir scheint wahllos Sachen in eine kleine Handtasche aus dunklen Leder wirft. Wie schon so oft bleibe ich an ihrer Fotowand hängen.

Ich werde nie müde sie zu betrachten obwohl ich bestimmt schon Stunden davor gestanden hatte als ich das erste mal hier gewesen bin. Sie hat nicht nur ein Gesangstalent, sondern auch eins fürs fotografieren. Was kann die Frau eigentlich nicht? Uhh. Ich weiß was. Nicht stur sein und Komplimente annehmen zum Beispiel. Oder auch noch besser nicht immer Recht behalten. Sorry das wollte ich nur mal loswerden. Weiter geht’s. Heute aber betrachtet ich nicht jedes einzelne Foto. Mir ist sofort etwas ins Auge gesprungen. Ein Neues ergänzt den Strom an Erinnerungen. Diesmal grinst mir mein eigenes Gesicht entgegen. Das Foto ist vielleicht 6 Tage alt. Wir hatten unbedingt die Chubby-Bunny-Challenge ausprobieren wollen. Ja genau, wir waren so dumm gewesen uns den Mund so voll mit Marshmallows zu stopfen bis wir fast kotzen mussten. Mius Backen sind geschwollen wie die eines Hamsters, aber ihre Augen strahlen von dem Lachen, das die unterdrücken muss. Ihr Hand hält sie sich vor das Gesicht. Yuris Gesicht ist zu einer seltsamen Grimasse verzogen. Sie hatte sich verschluckt, weil sie lachen musste während sie die letzten Marshmallowreste herunter würgt. Trotzdem lacht sie halb. Ich selber hatte gerade einen Lachanfall weswegen mir ein breites Grinsen im Gesicht steht. In einem Mundwinkeln kleben noch Reste der weiße Zuckermasse. Mit einer Hand klopfe ich Yuri auf den Rücken. Ich hatte schon längst aufgeben und war dazu übergegangen die anderen nur noch auszulachen. Keiner von uns guckt in die Kamera. Es ist ein Schnappschuss aus dem Video, das wir gedreht haben.

Warm durch rieselt es mich bei der Erinnerung. Wie wir alle fast an den Marshmallows erstickt waren, weil wir immer wieder ohne Grund hatten los kichern müssen. Daneben lächelt Yuri etwas gezwungen in die Kamera. Ein unbekannter Junge hat ihr den Arm um die Taille gelegt. Es ist das Foto vom Flughafen. Die Geschichte von dem seltsame Typen hatte sie uns nach dem sagen wir mal Gedichtsdebakel erzählt als wir uns zum Glück sofort am nächsten Tag wieder versöhnt haben. Wir haben ihr unseren Standpunkt erklärt und sie ihren. Das ganze war so einfach und überhaupt nicht awkward über die Bühne gegangen,s das es fast schon filmreif ist. Außerdem hatte ihre Geschichte über Mr blöder Anmachspruch die ganze Sache noch sehr lustig gemacht. Diese Geschichte ist irgendwie genauso seltsam wie meine mit dem miesen Skateboarddieb. Muss wohl an diesem Land liegen. Nur ihre hat ein Happy End. Für mein äh wie heißt das Bad End haben die beiden übrigens auch keine Erklärung. Ja genau. Da war ich mal nicht die komische gewesen, sondern dieser blöder...

Kommst du?“, reißt sie mich aus meinen Gedanken. Schnell folge ich ihr auf den Flur. „Kriegen wir denn Bus in 3 Minuten noch?“, fragt sie zweifelnd. „Wenn wir rennen“, stöhne ich. Yeah noch mehr Sport. Davon hatte ich heute ja noch nicht genug. Meine Miene zeigt ihr wie erfreut ich über meinen eigenen Vorschlag bin, aber wir haben keine Wahl. Wir wollen Miu ja nicht länger als nötig warten lassen. Hastig schlüpfen wir in unsere Schuhe. Ich werfe mir meinen schon sehr alten und dementsprechend gammeligen Rucksack, den ich neben der Tür habe stehen lassen, über die Schulter. Meine Mutter droht mir täglich damit ihn zu entsorgen, da er ein Loch hat, aber ich kann mich einfach nicht von ihm trennen. Die Dinger wurden schließlich gar nicht mehr hergestellt, wo soll ich da einen neuen herbekommen.

Ich laufe in Yuris Windschatten, die Tür fällt hinter uns ins Schloss, die Einfahrt hinunter, die ich erst vor wenigen Minuten hoch gespurtet bin. Mein Atem beginnt jetzt schon schneller zu gehen. Mein Rucksack klopf in einem nervtötenden Rhythmus auf meinen Rücken. Endlich erscheint das Glashäuschen der Haltestelle vor uns genau als der Bus, um die Ecke biegt. „Was müssen wir die auch immer so verdammt pünktlich sein“, beschwere ich mich leise als ich wieder etwas zu Atem bekommen bin und vor Yuri in den Bus steige. Sie schiebt mich nach hinten durch nachdem wir unsere kleinen Plastikkarten mit dem Busgeld gescannt haben. Sprachtechnisch verständigen wir uns schon seit der ersten Begegnung in der örtlichen Sprache und ich habe mich auch daran gewöhnt. Naja das hatte ich mich auch schon nach 4 Woche, aber das muss meine Mum ja nicht unbedingt wissen, die soll ruhig noch länger ein schlechtes Gewissen haben.

Nur manchmal verwenden wir unsere Muttersprache als eine Art Geheimsprache zwischen uns. Zum Beispiel wenn wir über die Trottel ins unserer Schule lästern. Haha. Das war natürlich nur ein Scherz. „Busse die pünktlich sind. Okay, wir setzten es auf die Nachteilliste. Die dürfte mittlerweile zehnmal so lang wie die der Vorteile sein“, stellt Yuri trocken fest. „Erst?“, sage ich erstaunt und ebenso ernst wie sie. Wir grinsen uns an. Sie hält mir einen Ohrstöpsel hin. All Time Low rauscht uns in den Ohren während draußen die immer graue Silhouette Seouls am Fenster vorbei ziehen. Ich erkunde mich gerade nach dem Interpreten des aktuellen Liedes als der Bus an unserer Haltestelle hält und wir uns nach draußen drängeln. Dabei fällt mir der Kopfhörer raus. Der Vorplatz des Kinos ist überfüllt. Ich halte mich dicht hinter Yuri während wir uns durch die Menschenmassen schieben. Wie gesagt Körperkontakt mit ungepflegten oder auch mit gut riechenden Fremden ist nicht gerade meins. Zum Glück erkennen wir Miu anhand ihrer hellen Haare und ihrem europäischen Aussehen schon vom weiten.Sie steht direkt vor der Tür des Kinos, wo es zu meiner Erleichterung nicht ganz so voll ist. Miu hat uns auch gesehen. Sie fällt in dieser Masse immer gleicher Gesicht auf als hätte sie eine Leuchtweste mit der Aufschrift: Hier bin ich an, die am besten noch blinkt. Leider sind wir nicht die einzigen. Während sie auf ihre nicht vorhandene Uhr klopft fällt mir eine Gruppe Typen die in ihrer Nähe herumlungern auf. Gut das wir sie vor der lahmen Anmache hatten bewahren können.

So ein Schrott“, beschwert sich Miu lautstark. „Psst nicht so laut die Leute gucken schon“, sage ich mit einem Grinsen. Es ist einfach zu göttlich wie sich die unschuldige süße Miu über das Ende des Filmes aufregt. „Wir sind Ausländer. Wir dürfen auffallen“, steuert Yuri in ihrer gewohnt sarkastischen Art bei. Ich pruste wieder fast los. Ihr trockener Humor und ständiger Sarkasmus ist der perfekte Stimmungsaufheller. Unseren kleinen Zank fortführen trollen wir uns langsam durch die Straßen im Zentrum in Richtung Han River. Mittlerweile ist es dunkel geworden, aber da es Freitag Abend ist, ist es immer noch belebt. Obwohl schon weniger Menschen als am Tag unterwegs sind sodass die Bürgersteige ausnahmsweise mal nicht überfüllt sind. Miu geht vor da sie sich am besten auch in den etwas veruchteren Gegenden auskennt. Langsam werden die Menschen weniger und wir verlassen den Teil von Seoul der für Touristen gedacht ist.

Wir sind dazu übergangen die Schauspieler aus dem Film zu bewerten und Yuri und ich streiten uns mehr oder weniger Ernst darüber ob Liam Hemsworth blond oder braunhaarig ist. Gerade biegen wir in eine Straße ein, die Menschenleer ist.

Eindeutig blond“, als Beweis hält sie mir ein frisch gegoogeltes Foto unter die Nase. Das Internet hier ist übrigens ziemlich schnell. Gegenüber der durchgedrehten Menschen und pünktlichen Busse immerhin ein Vorteil.

Das sind eindeutig Lichtreflexe. Hier siehst du“, kontere ich.

 

 

Nur nach diesem super Auftakt war alles irgendwie den Bach runter gegangen. Klar ist mir und Miu aufgefallen, dass Yuri etwas bedrückt. Als ich sie abgeholt hatte, hatte sie es noch gut unterdrückt, aber als wir uns wie üblich ziemlich auffällig benahmen und leider mal wieder ziemlich viele Blicke auf uns zogen, drei oder in diesem Fall nur zwei ausländische Mädchen die auf koreanisch äußerst seltsame Sachen von sich geben sind schon ein Blickfang, mussten wir sie mehr Mals aus ihrer Traumwelt Yuristan, übrigens keine Ahnung was die da für geile Partys feiern, zurück holen. Als wir unser Ziel, ein etwas abgelegener spot an Ufer des Han Rivers erreicht hatten, wollten wir sie gerade ganz vorsichtig drauf ansprechen, aber dann hatten wir erst Mal den wunderschönen Sonnenuntergang bewundert. Ja ein rotglühender wolkenfreier Himmel und eine Sonne als Feuerball, die hinter kontrastreichen grauen Wolkenkratzer verschwindet, ist schon ein Schauspiel. Wir sitzen am Ufer mit Sicherheitsabstand zu dem jetzt fast schwarz aussehenden Wasser, das wegen den Lichtern der Stadt glitzert, nicht das noch jemand (räusper) wahrscheinlich ich, reinfällt, in unserem Rücken hinter dunklen Baumreihen versteckt ein verlassener Park. Und genau dann hatte Yuri ihre Bombe platzen lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Wir starren uns immer noch an. Die Wut lädt die Luft zwischen uns fast elektrisch auf. Also das ist eine Metapher, wir sind hier ja nicht bei X-men obwohl. Ich wäre jetzt gerne dieser Typ mit Brille, dessen Namen sich niemand merken kann. Dann könnte ich BigHit mit meinem Laserblick niederbrennen . Okay sorry. Nochmal. Ich übertreibe viel zu dolle heute. Mittlerweile ist es schon so dunkel, dass ich ihren Gesichtsausdruck nicht genau erkennen kann, aber ich kann ihn mir lebhaft vorstellen.

Jetzt hört auf?! Ihr verhaltet auch wie zwei aggressive männliche Pfaue in der Paarungszeit“, beendet Miu unser stummes Duell. Es ist ein gut gemeinter Versuch uns auf ihre Art zum Lachen zu bringen. Nur leider geht der ziemlich daneben. Das liegt weniger an der Qualität des Witzes, die wie immer unter null ist, sondern an der allgemeinen Atmosphäre. Mit einem Mal richtet sie sich zwischen uns auf. Ich wende meinen Blick ab und schaue auf die glitzernde Oberfläche vor uns.

Es bringt uns nichts die Schuld hin und her zu schieben. Wir müssen jetzt mit den Konsequenzen klar kommen zusammen. Ein riesen Topf Suppe löffelt sich besser zu dritt aus.“

Weise gesprochen Philosophin“, sagt Yuri ziemlich versöhnlich und versucht ein kleines Lächeln. Ich spüre wie meine Wut langsam abflaut. Auf keinen Fall will ich, dass wir uns wegen so einer Dämmlichkeit verstreiten. Nein erst jetzt wird mir bewusst, wie sehr ich mich an 'uns', lasst es ruhig lächerlich klingen, gewöhnt habe. Außerdem ist mir gerade etwas wichtiges bewusst geworden. Ja nennt mich ruhig offensichtlich, aber wer sagt das wir zu diesem dämlichen Auditionteil hingehen müssen? Richtig niemand.

Was ist das denn für Suppe?“, will ich erst mal scherzhaft wissen. Miu überlegt ernsthaft.

Buchstabensuppe oder lieber Pilzcremesuppe?“

Eww“, mache ich. Ich hasse Pilze. „Was haltet ihr davon wenn wir die Suppe einfach wegkippen. Äh... Ich meine die Audition schwänzen.“ Wir alle bleiben gerne und lange in den äußert seltsamen Metaphern, die wir entwickeln. Ich sage nur Berliner oder Dracula? Ihr erinnert euch, aber jetzt ist es an der Zeit Klartext zu sprechen. Ich hebe den Blick. Meine Idee ist so offensichtlich, dass es eigentlich nicht sein kann, dass die beiden anderen sie übersehen haben. Naja die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Leider stürzt sie nicht mal eine Sekunde später mit einem Messer im Bauch röchelt in den Fluss.

„Danke Mrs. Obvious. Hast du mir eigentlich zu gehört?!“, fragt Yuri genervt und wirft mir ihren dein-ing-Ernst-Blick zu, den kann sie übrigens am aller Besten von uns allen. Ups. Hatte ich da was mit meiner Logik übersehen. Ein bisschen habe ich Angst, dass sie jetzt genauso wütend wird, wie ich gerade. Dabei haben wir uns gerade alle beruhigt. „ Nö. Nach BigHit und Audition war mein Gehirn schon vollkommen ausgelastet damit kreischend im Kreis zu laufen. Zuzuhören wäre da dann doch eine Nummer zu multi tasking mäßig gewesen“, gebe ich deswegen möglichst locker zurück. Ich glaube Y will wirklich böse gucken, aber ihre Mundwinkel gehen doch ein bisschen nach oben. Miu grinst schon längst breit, wahrscheinlich nicht über meinen erbärmlichen Versuch witzig zu sein, sondern eher über Yuris seltsame Grimasse.
 

„Hier lies selbst.“ Sie drückt mir den Brief in die Hand. Ich überfliege den Text. Das übliche wir freuen uns. Und und und. Nur der Einschub mit Verweis auf die Fußnote irritiert ein wenig: „Wie schon in den AGB der Anmeldebedingungen genannt, sind ausschließlich ernsthaft gemeinte Teilnahmen zulässig. Wenn die Prozedur der Anmeldung erfolgt ist und die vorherige Klausel sollte gebrochen werden, so ist mit einem strafrechtlichen Prozess zu rechnen.“ Wenn das nicht genug ,sorry für die Wortwahl, up wäre, lasse ich meinen Blick nach unten wandern. Die Hangul sind so winzig klein gedruckt, dass ich sie in dem Dämmerlicht kaum lesen kann. Es scheint ein Auszug aus einem Paragraphen zu sein. Ich kann nur einzige Wörter entziffern. Akzeptanz von AGB und Vertragsbedingungen. Bla. Bla. Bla. Nicht einhalten/ Nicht erscheinen. Als Bruch des Vertrages geahndet. Strafrechtlicher Prozess oder Strafzahlungen...
 

„Ich wusste es schon immer. Die haben einen Vollknall. Die nehmen ihren kleinen Kpop Verein viel zu ernst“, sage ich kopfschüttelnd und reiche das Blatt an Miu weiter. „Naja irgendwie ist es ja verständlich, dass sie nur ernst gemeinte Zuschriften wollen oder? Aber es kommt noch besser“ Yuri bedeutet Miu das Blatt um zu drehen. Ganz oben ist noch ein winzig klein gedruckter Satz zu lesen. Gott was kommt jetzt noch? Stirnrunzelnd versucht Miu es zu entziffern. „Was soll denn das heißen, Leistungen müssen eingesendetem Material entsprechen, sonst wird das als kriminelle Handlung des versuchten Betrugs gewertet?“


„Also übersetzt müssen wir ziemlich abliefern sonst kommen wir in den Knast?“, frage ich entgeistert. Wirklich?! Was soll der scheiß? Was ist falsch mit diesen ganzen Entertainment futzis gelaufen. Überall wollen die einem vor Gericht schleifen, also wirklich. „Naja so pessimistisch würde ich das jetzt nicht sehen. Wir können uns auch frei kaufen“, wirft Yuri ein. Wahrscheinlich um sich und uns zu beruhigen oder so, aber sorry das klappt nicht. Meine Mum hat schon alle ihre Ersparnisse in diesen Umzug gesteckt, völlig falsch investiert wenn man mich mal fragen würde. „Wir schaffen das schon irgendwie. Das Video ist ja auch irgendwie entstanden oder nicht“, versucht es jetzt Miu ungewohnt optimistisch. Ich bin leider eher ziemlich pessimistisch verlangt. Also sehe ich nicht ein wieso wir das auch nur im geringsten schaffen sollten. Schließlich.

„Da haben wir auch alle Fehler raus geschnitten!“, gebe ich etwas harscher zurück, als ich gewollt habe. Wie sollen wir das anstellen tanzen und singen gleichzeitig. Mius Choreographie ist nicht besonders leicht. Tanzen ist sowieso nicht so meine Stärke. Im Video habe ich die Tonspur drunter gelegt ganz einfach. Easy. Wie soll das bei der Audition denn bitte gleichzeitig gehen?!

„Trainieren müssen wir auf jeden Fall!“, sagt Yuri während ich immer noch gedanklich ausrechne warum wir so was von verkacken werden. Naja okay ich möchte jetzt nicht für die anderen sprechen, die schaffen das vielleicht mit Training. Aber ich?! Wie soll ich es schaffen vor Publikum zu rappen, eh ich meine zu sprechgesangen, ohne das ich einen hysterischen Kicheranfall bekomme, weil mir das so peinlich ich?! Oder ich an Atemnot sterbe, weil keine Luft mehr vom Tanzen kriegen?! Ich lehne mich zurück ins nasse Gras und starre in das pechschwarze Loch über uns. Als würde ich daraus irgendetwas lesen können. Einen kleinen Überlebenstipp vielleicht oder so. Es ist bewölkt, sodass weder der Mond noch irgendwelche Sterne, was logischerweise in einer Großstadt sowieso schwer ist, zu sehen sind.

Wenn man den Mond sehen könnte würde ich jetzt anmerken, dass sogar er hier anders aussieht. Nur mal so ganz melodramatisch verglichen mit zuhause. Alles ist anders sogar der Mond was eine Tragik. Etwas peinlich ist es vielleicht anzumerken, dass ich meinem ersten Abend sogar deswegen geweint habe. Ich habe auf meiner Matratze gesessen, zu dem an diesem Tag ungewöhnlich hell scheinenden Vollmond hoch gestarrt und geheult wie ein Schoßhund, weil wirklich alles hier so fremd ist. Sogar diese blöde runde Kugel steht an der falschen Stelle. Aber eigentlich ist das nicht besonders von Relevanz eher, dass ich mich im Vergleich zu damals völlig anders fühle. Verwirrt und emotional gestresst. Nur ganz bestimmt nicht fremd. Was für eine seltsame Entwicklung.

Reichlich verspätet fällt mir auf, dass die anderen auch aufgehört haben zu reden. Miu lehnt sich ebenfalls zurück und Y macht es sich auf meinen Bauch bequem. Jeder in seine eigenen Gedanken versunken beobachten wir, wie der Wind die Wolken über den Himmel treibt und ab und zu doch ein einsamer Stern durchblinkt. Was bedeutet das für uns alle zusammen? Einen Samstag früh aufstehen und ihn umgeben von 99 % crazy Fans und 1 % Talenten zu verschwenden. Vorher natürlich unsere kostbare Freizeit auf Training verschwenden. Obwohl ist das Verschwendung? Es hat doch auch Spaß gemacht bei dem Video zuzusehen, wie alles Gestalt annimmt. Mein Text. Yuris Musik. Mius Tanz. Das Training wäre doch wie unsere Sessions nur auf ernst und öfter und länger. Das wird das am wenigste unangenehme. Ach was. Das wird bestimmt neben der Anstrengung lustig.

Nur das ganze vor keine Ahnung wie vielen skeptischen Augen vorzuführen könnte schwierig werden. Stop.Nicht schon wieder. Damit kann ich mich auch später beschäftigen. Nachdenklich spiele ich mit Yuris Haaren sie liebt das, wenn sie könnte würde sie jetzt schnurren wie eine Katze.

„Glaubt ihr wir schaffen das?“, frage ich schließlich in die overload dramatische Stille hinein. „Klar. Mit der Hilfe der großen Miu könnt ihr gar nicht abkacken.“ Ein schwacher Versuch die Stimmung etwas aufzulockern. Aber diese creepige Melancholie will einfach nicht weichen. „Erstmal brauchen wir einen Trainingsort“, fährt Miu ganz pragmatisch fort. Noch ein Problem. Als hätten wir nicht schon genug.

„Wir machen einfach so einen Opferclub wie in Sassy Go Go...“

„Oder wir tanzen auf der Straße und starten eine Streetdance Revolution “, unterbreche ich Yuri. „Ja genau“, gibt sie herablassend spöttisch zurück.

„Also 1. guckt ihr beiden viel zu viel Schrott“, hier bitte Platz für eine sarkastische Lache lassen. Miu suchtet genau so wie wir, wenn nicht noch schlimmer, wenn das denn geht. „2. würde ich sagen wir gehen mit der Schulidee. Sorry K.“ „Ey ey Sir“, rufe ich während Y gleichzeitig „Call“ brüllt. Wir fangen beide an zu lachen und endlich endlich hat diese down Stimmung einen Abflug gemacht.

„Ich habe Hunger“, maule ich um da Thema zu wechseln und weil ich wirklich Hunger habe. Offensichtlich habe ich mal wieder nicht gefrühstückt. „Lass uns zu einem dieser Straßenbuden gehen“, fahre ich schon fort bevor jemand mir antworten kann. Das einzige was diese Land nämlich meiner Meinung nach kann, ist Dramen herzustellen und in diesen dürfen natürlich diese Buden, wo die Maincharaktere sich immer betrinken nicht fehlen. Ergo steht es auf meiner To-do-Liste mal in einer zu essen. Deutlich besser gelaunt strecken wir alle unsere steifen Muskeln und machen uns auf den Weg unter Leute, während die beiden Seoulexperten in einer Diskussion über die Beste Bude entbrennen.

 

27.11.2014  7:40 Uhr ja okay erwischt 7:42

„K!!“, brüllen zwei Stimmen gleichzeitig von hinten und erschrecken mich zu Tode. Ich mache einen kleinen Hüpfer und hätte fast meine Kopfhörer fallen lassen. Ich war gerade dabei gewesen sie mir um zuhängen, als diese beiden Idioten beschlossen haben mein Herz zu einem Stillstand zu bekommen. „Was?!“, brülle ich fast augenblicklich zurück und fahre herum. Hinter einer der zwei Säulen ,die das Schulvordach oben an der Treppe stützen, kommen schadenfroh grinsend Yuri und Miu hervor. Blöde Gänse. Die wissen doch genau wie schreckhaft ich bin. Sehr reif sich darüber lustig zu machen. Ein bisschen beleidigt stecke ich ihnen die Zunge raus, drehe mich um und setze meine Weg in unsere heißgeliebte Schule fort. „Du bist zu spät!“, stellt Y etwas genervt fest als die beiden zu mir aufschließen und wir nebeneinander die Eingangshalle durchqueren. „Nur zwei Minuten also mach dir mal nichts in Hemd“, gebe ich zurück. „Außerdem war der Herzstillstand gerade doch wohl Strafe genug.“

Viel wichtiger ist doch wohl, dass ich es tatsächlich geschafft habe hier in der Schule zu erscheinen. Montagmorgen um zwanzig vor Schulbeginn. Ja okay 18 vor Acht. Ich bin ja zwei Minuten zu spät gekommen. Oh mein Gott. Wir werden daran sterben. Natürlich nicht. Ihr fragt euch jetzt sicherlich was mich verleitet hat eine ganze halbe Stunde, lasst es euch ruhig auf der Zunge zergehen, eher aufzustehen. Schuld daran ist immer noch Y. Naja also ihr dämliche Auditionaktion. Ja es war leider kein böses Traum, dass Yuri the Video 2.0 aus Rache an eines dieser über motivierten Entertainments geschickt hat und wir tatsächlich zu ihrem blöden Vorsingen eingeladen sind. Wir die Außenseitergang, die ihre Pausen damit verbringt ein verbrecherisches Taubenpärchen zu jagen. Achso und nebenbei versuchen wir uns auch zusammen in Songschreiben, aber Bonny und Clyde alias Charly und sein Klon sind wohl doch unsere Hauptbeschäftigung. Okay sorry. Das war natürlich nicht ernst gemeint, aber um keine unangebrachte Panikattacke zu bekommen muss ich halt entweder dramatische Vergleiche anstellen oder blöd ironisch werden. Yuri hat dieses Sarkastische besser drauf. Mist.

Während wir durch die erstaunlich gefüllten Flure laufen, also es sind natürlich trotzdem noch längst nicht alle da, aber mehr als ich gedacht habe, versuchen wir einen guten Vergleich anzustellen welchem Tier unser Schulleiter ähnlich sieht. Wir sind nämlich gerade auf dem Weg zu genau diesem gruselig großen Typ, um einen Trainingsplatz zu erfragen. Er hat mich hoffentlich nicht mehr als das ’Krawattenlose Mädchen’ in Erinnerung.

„Eindeutig ein Sharpei!“

„Nicht alles sieht aus wie ein Sharpei M.I.U“, weißt Y sie zurecht. Sie probiert gerade alle möglichen Spitznamen aus, aber M.I.U (bitte mit englischer Aussprache) kommt wohl nicht auf die Favoritenliste.

„Ein alter hässlicher Sharpei. Mit extra vielen Falten und fiesen Augenbrauen plus eindätschter Nase!“, rechtfertigt sich die Spitznamenlose.

„Nein eher wie ein Bull Terrier jeder Zeit bereit zuzuschnappen.“Jap eindeutig. Mein Vergleich passt man besten. Er wird dir jederzeit die Hand abbeißen, wenn er dich ohne Krawatten sieht.

„Viel zu wenig Falten!“

„Pss
t jetzt M.“ Ich stoße ihr in die Seite und öffne die Tür zum Sekretariat. M ist immer noch mein Favorit Wir sind einfach die Anfangsbuchstabengang. Wie immer sitzt die blutjunge Sekretärin, die irgendwie nie was gebacken bekommt, hinter ihrem Schreibtisch und tippt etwas auf ihrem Computer. Leider weiß ich ihren Namen nicht mehr. Bestimmt irgendwas typisches so wie Kim, Yoo oder irgendwas, so heißt doch jeder hier. Auf jeden Fall verkörpert sie jedes Klischee, dass man über koreanische Frauen haben könnte. Dennoch habe ich die Vermutung, dass sie sich manchmal extra dämlich anstellt, damit einer von noch jüngeren Lehrern ihr hilft und sie nicht so viel machen muss. Wie als hätten wir uns abgesprochen schieben Miu und ich Yuri nach vorne, damit sie für uns redet. Sie kann das zwar nicht viel besser als wir, aber tja Selbstschuld. Ja wir sind fies...

 



Wie bestellt und nicht abgeholt stehen wir vor einem überfüllten Schreibtisch. Dahinter natürlich unser lieber Schulleiter. Hinter ihm an der Wand hängen allerlei gerahmte Auszeichnungen. Nur links davon gibt es ein Fenster, das ein bisschen natürliches Licht herein scheinen lässt. Jetzt lässt Mr. Kim sich gemächlich auf seinen Ledersessel nieder. Auf unserer Seite steht nur ein harter Plastikstuhl. Statt uns lautstark darum zu streitenm wer sich setzten darf, bleiben wir ganz artig stehen. Tun wir mal so als wären wir normal. Ich versuch mich möglichst nicht mal wieder zu fragen warum zur Hölle er immer einen schwarzen Anzug trägt. Das hier ist ja keine Beerdigung. Bildung ist die Zukunft. Hahaha. Naja sollte sie zumindest sein. Sondern mich voll und ganz auf unsere Sache zu zu konzentrieren.

Sein Blick mustert uns alle ausführlich. Er hat diesen Gesichtausdruck auch immer drauf, wenn er auf den Gängen herumlungert und kontrolliert ob irgendeiner es gewagt die heiligen Schuluniform abzuwandeln. Manche von den Mädchen kürzen nämlich gerne den Rock auf noch kürzer, keine Ahnung warum, aber die schickt Mr. Kim, dann sehr Sklaventreiber like nachhause. Ich sage euch der sieht alles, aber heute wird er nichts finden. Ja meine Krawatte ist ordentlich gebunden. Ha. Das hätte er jetzt nicht gedacht. YouTube lebt. Wer braucht schon dämliche weißhaarige Diebe, die einem einen Knoten machen. Ich nicht.

„Also was kann ich für euch tun so früh?“, fragt Mr Kim dann doch endlich. Er legt gespannt seine Ellbogen auf den Tisch und klopft seine Fingerspitzen aneinander. Stille. Niemand sagt etwas als hätten wir alle unsere Zungen verschluckt. Keine Ahnung übrigens woher diese Redewendung kommt, das geht schließlich gar nicht oder??

Schließlich fasse ich mir ein Herz. „Wir...“, ich räuspere mich. „Wir wollten fragen ob es vielleicht möglich ist, dass wir die Turnhalle als Trainingsort benutzen dürfen...“ Leider fällt mir dann nichts mehr ein. Völliger Black out. Warum noch mal? Wie heiße ich noch gleich? Nein so schlimm ist es dann doch nicht, aber irgendwie schaffe ich es nicht unter dem stechenden Blick aus diesen kleinen schwarzen Augen weiter zu reden. Zum Glück übernimmt Yuri jetzt.

„Weil wir sind da zu dieser blö... äh... ich meine wir haben da diese riesen Chance bekommen zu der Live-Audition von BigHit eingeladen worden zu sein und darauf müssen wir uns natürlich vorbereiten.“

Okay damit hat Mr. Kim garantiert nicht gerechnet. Seine Stahlgrauen buschigen Augenbrauen fahren in die Höhe und werden fast zu Monobraue. Sorry aber der Kommentar musste sein. Der hat garantiert gedacht wir haben nichts drauf. Also das ist was eindeutig positives an dieser Aktion. Den blöden Sklaventreiber Schulleiter sprachlos machen. Check. Abgehackt auf meiner Bucketlist. Schließlich räuspert er sich und beginnt wichtigtuerisch in irgendwelchen Papieren herum zu blättern. Der wird uns eh helfen. Auf keinen Fall wird er sich entgehen lassen, dass eventuelle zukünftige Berühmtheiten an seiner Schule trainiert haben. Das unsere Chance genommen zu werden unter null liegt muss er ja nicht unbedingt wissen.

„Das Leichtathletikteam trainiert montags,mittwochs und donnerstags eigentlich immer draußen von Schulschluss bis halb acht. Wenn schlechtes Wetter ist, werden sie sicher anfangen rein zu gehen. Ab sieben bleiben nur noch die Besten dann könnt ihr sicherlich dazu stoßen und euch die Halle teilen... Sonst bleibt nur noch das Wochenende.“ Drei mal die Wochen und mit diesen Idioten die Halle teilen?! Das kann ja noch heiter werden.

„Das passt gut danke. Haben Sie vielleicht noch ein viertes Mal frei. Was ist Freitag oder doch Sonntag?“, stimmt Miu sofort erfreut zu. Wahrscheinlich denkt sie an die Musikanlage in der Halle, die erst letztes Jahr erneuert wurde.

„Nein das reicht! Danke!“, sagen Y und ich schnell und einstimmig. Viermal die Woche? Nur über meine Leichen! Miu ist echt ein bisschen zu Tanz begeistert.

 

 

 

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A/N Hii Leute. Ich wollte nur anmerken, dass diese Kapitel eventuell ein wenig länger geworden ist als geplant. Upss. Naja ich hoffe ihr mögt es trotzdem. Und wir würden uns alle super drüber freuen wenn ihr uns eure Meinung da lasst oder als Zeichen von Support suscript sowas halt. Das wars. Bis bald :D

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Comments

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Jelly_Belly
#1
Chapter 46: The feeeeeeeeeeels omg
Jelly_Belly
#2
Chapter 45: "knollnasige Trottel"
Ich packs nicht mehr :'D
_Gotka_
#3
Chapter 44: Daaaaaaaaaaaamn
_Gotka_
#4
Chapter 40: *Crying in the corner*
♥♥♥
_Gotka_
#5
Chapter 34: ♥♥♥♥♥
_Gotka_
#6
Chapter 33: ♥♥♥♥♥
_Gotka_
#7
Chapter 32: ♥♥♥♥♥
_Gotka_
#8
Chapter 30: Awwwwwwwwwwwwwww so awkward and yet so cute :3
_Gotka_
#9
Chapter 24: Bis in 3 Wochen ;-D
_Gotka_
#10
Chapter 23: Kleine Frage..fährt ihr auf das B.A.P Konzert in Düsseldorf? :D
Wie immer tolles Chapter :D