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A Face You’ve Never Seen

Zuvor:

Ich kann nur wenige Sekunden etwas sehen, bevor Jooheon mich an sich zieht und seine Hände vor meine Augen legt. Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit, in der wir da so stehen und ich nur noch Jooheons Atem höre. „Fang jetzt bloß nicht an zu weinen oder so.“ flüstert er. Ich würde aber gerne.

 

Warum wehrt er sich nicht? 
Warum geht er nicht einfach weg, sagt ihm, dass er aufhören soll? 
Warum steht er da einfach nur, an die Wand gelehnt, die Arme verschränkt? 
Warum stößt er ihn nicht weg? 

Ich spüre, wie Jooheon mich sanft dazu leitet, die Treppenstufen weiter hoch zu gehen und immer wieder „Vorsichtig!“ flüstert. 
Während ich die Treppe hoch stolpere, immer noch die Hände von Jooheon über meinen Augen, habe ich das Gefühl, als hätte sich das Bild von Hyungwon und Shownu in mein Gehirn gebrannt. 
Wie Shownu da einfach steht und sich von Hyungwon küssen lässt. Einfach bei offener Tür, sehr wohl wissend, dass ich um die Ecke kommen könnte. 
Ich glaube es nicht, will es nicht glauben. 

Jooheon schleift mich über den Boden, über eine Schwelle und ich höre, wie er mit dem Fuß eine Tür zustößt. Er löst die Finger von meinen Augen und seufzt. 
Als ich Jooheons und Changkyuns Zimmer erblicke (um ehrlich zu sein erkenne ich es nur an dem rosanen Kuscheltier von Jooheon) und weiß, dass Shownu und Hyungwon wahrscheinlich noch genauso da stehen wie gerade, will ich in das übernächste Zimmer rennen aber Jooheon hält mich auf. 

„Wenn du sie jetzt anschreist wird alles nur noch schlimmer.“ Er kann mich ziemlich gut einschätzen. Mehr als Rumschreien hätte ich wahrscheinlich wirklich nicht geschafft, wenn er mich nicht am Handgelenk festhalten würde. 
Wut steigt in mir hoch. Gestern… schläft er noch mit mir und heute? 

„Warum?“ frage ich Jooheon, mit viel zu viel Wut in der Stimme. „Ich weiß glaube ich warum, aber beruhige dich doch bitte!“ „Ich will mich nicht beruhigen!“ 
Gott, das pisst mich gerade so an! Ich muss gerade wirklich lächerlich aussehen, wie ich mit verzogenem Gesicht vor Jooheon herum hüpfe. 
„Beruhigst du dich jetzt wohl mal!“ Er zieht kräftig an meinem Arm, ich stolpere und falle gegen ihn. Erschrocken nehme ich wieder einige Centimeter Abstand von ihm und merke, wie sich meine Wut von einer Sekunde auf die Andere in Trauer wechselt, in Enttäuschung. 

„Argh, was soll das...“ fluche ich, blicke auf den Boden. Jooheon zieht mich an dem Arm, an dem er mich schon die ganze Zeit fest hält, an sich, legt seine Arme um mich und läuft mit mir gemeinsam wie ein Pinguin Richtung Bett. 
„Ich habe etwas zugehört, bevor du kamst. Setz dich, komm runter und ich erzähle dir dann, was ich weiß.“ sagt er leise, als er die Arme in meinem Rücken öffnet. 

Seufzend lasse ich mich auf das Bett fallen, rutsche nach hinten an die Wand, greife mir Jooheons Plüschtier und schaue ihn erwartungsvoll an. Er lässt sich neben mir an der Wand nieder und schaut gerade aus. 
„Ich glaube kaum, dass er dich betrügen wollte. Er ist nur zu lieb.“ Wie jetzt? Zu lieb? Erstaunt schaue ich Jooheon an. „Was?“ 
Er dreht seinen Kopf zu mir und lächelt müde. „Du weißt es nicht und eigentlich hatten wir alle abgemacht es dir auch noch nicht zu sagen, aber Shownu und Hyungwon hatten mal etwas miteinander.“ 
„Bitte WAS?“ 

„Ja. Und so wie ich es verstanden habe, hat Hyungwon noch Gefühle für Shownu, andersherum ist es aber nicht so. Seitdem er mit dir geschrieben hat war alles weg, Shownu hat sich von ihm getrennt und nur noch darauf gewartet, dich treffen zu können. Zumindest hat Hyungwon das vorhin erwähnt. Habt ihr miteinander geschrieben?“ 
Mein Herz rutscht mir sonst wo hin. Ich nicke kurz, seine Augen werden riesig. Getrennt, für mich, obwohl er nur mit mir geschrieben hat...  

Er fährt fort. „Ich glaube, Shownu hat den Kuss nur zugelassen, um Hyungwon nicht weh zu tun. Ihm liegt immer noch viel an Hyungwon aber lieben tut er halt nur dich...“ Seine Stimme wird immer leiser zum Ende des Satzes hin und er seufzt. „Du hast gesehen, dass er nichts erwidert hat. Ich weiß nicht wirklich wie sich Shownu beim Küssen verhält und ich möchte es auch echt nicht wissen, aber ich glaube nicht, dass es so ist, oder?“ 
Ja, stimmt. Ich nicke wieder. 

„Siehst du… Shownu hat einfach nicht damit gerechnet, dass gerade du um die Ecke schneist und vielleicht auch nicht bedacht, dass die Tür auf war. Vielleicht hätte er es dir noch erzählt, vielleicht nicht. Du kennst ihn, er schweigt gerne.“ 
Wenn ich so recht überlege, macht das eigentlich einen Sinn. Shownu hat sich in Deutschland mir immer nur dann abweisend verhalten, wenn Hyungwons Augen auf uns gerichtet waren. Mir geht ein Licht auf! 

„Aber warum war Hyungwon dann am Anfang so nett zu mir und hat Shownu theoretisch nicht „abgehalten“?“ Jooheon scheint kurz zu überlegen. 
„Also entweder er wollte Shownu zu Anfang das Glück gönnen oder er dachte einfach nicht, dass es wirklich ernst mit euch werden würde. Um ehrlich zu sein hatten wir nach Shownus Aktionen auch eher das Gefühl, als würdest du flüchten… habt ihr wirklich miteinander geschrieben!?“ 
„Ja, haben wir… ich wusste aber nicht, dass er es war.“ antworte ich kleinlaut und Jooheon sieht nicht begeistert aus. „Na super...“ murmelt er leise. 

Ich lege den Kopf an die Wand und schließe die Augen. „Trotzdem möchte ich ihm erstmal nicht begegnen, muss das erstmal sacken lassen und will dann noch eine Erklärung von ihm haben.“ „Verständlich.“ Ich gähne. Dafür, dass ich die Stunden in der Nacht auf war, weil mir jegliche Müdigkeit fehlte, bin ich jetzt todmüde. „Bleib einfach hier.“ 

Und das tue ich auch. Bis ich aufwache, weil jemand auf dem Flur meinen Namen ruft. Ich öffne die Augen ein Stück, mache sie aber sofort wieder zu, als ich die Tür klicken höre. 
„Hast du...“ Shownu unterbricht den Satz unterbricht abrupt. „Warum ist sie hier?“ fragt er, mit leichter Anspannung in der Stimme. „Sie möchte dich momentan nicht sehen.“ Jooheon klingt ruhig, scheint die ganze Zeit meinen Kopf auf seiner Schulter ertragen zu haben und hat mir sogar die Bettdecke überlegt. 

„Wie bitte?“ Shownu knurrt fast, hört sich äußerst bedrohlich an. Normalerweise fände ich das jetzt y, aber momentan... 

„Du hast mich richtig verstanden. Vielleicht solltest du darüber nachdenken, in welchen Situationen der letzten paar Stunden ungünstigerweise die Tür auf gestanden hat. „Gute Idee.“ murmle ich leise, mich trotzdem nicht erhebend. „Wer weiß was passiert wäre, wenn ich sie nicht aufgesammelt hätte.“ 
Es herrscht einige Zeit Stille, bis Shownu das Wort erhebt, allerdings leise. „Wenn du meine Erklärung hören willst, dann… bin ich in meinem… unserem… Zimmer.“ murmelt er (offensichtlich zu mir) und ich höre seine Schritte aus dem Zimmer heraus, bis die Tür hinter ihm schließt und er anfängt auf dem Flur zu fluchen. 

„Solche Wörter hätte ich ihm nicht zugetraut.“ kichert Jooheon und ich erhebe mich von seiner Schulter. „Danke.“ „Nichts zu danken. Zur Not kannst du auch heute Nacht hier bleiben.“ Ich nicke ihm zu und lächle ihn an. 
„Wirklich, vielen Dank. Du bist wie ein großer Bruder für mich, was würde ich ohne dich tun.“ 

Jooheons Gesicht wird von einem Moment auf den Anderen dunkel. 

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Comments

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Elli_1820 #1
Ich les das jetzt zum 3. mal ich liebe diese story xD
julia3kpop #2
Der Anfang ist super...ich bin schon gespannt wie es weiter geht