Autokino

Ozoner

 

Ich kam gerade aus der Dusche und stand vor meinem Kleiderschrank, als es klingelte. Genervt stöhnte ich auf, trocknete mich schnell fertig ab, während wer auch immer an der Tür stand, es wohl lustig fand, die Klingel durchzudrücken und dann bestimmt zwanzigmal schnell hintereinander den schrillen Ton erklingen zu lassen. 

Mein Fenster stand Gott sei Dank offen, also schrie ich mir halb die Lunge aus dem Brustkorb, dass es bloß noch einen Moment dauern würde. Außer mir war auch leider keiner zu Hause, der an die Tür hätte gehen können. Kookie war seit ein paar Stunden in der Stadt und Mom und Dad waren über das lange Wochenende zu unseren Großeltern gefahren. 

In schwarzer Trainingshose und weißem, dünnen Pullover rannte ich nun aus meinem Zimmer und die Treppe hinunter. Noch bevor ich ganz auf dem Absatz stehen blieb, riss ich die Tür auf und sprang die letzten zwei Stufen hinab. Ich blinzelte meinen Gegenüber etwas perplex an.

Vor mir stand Yoongi. Er trug eine seiner zerrissenen Jeans, ein schwarzes Shirt und seine schwarze Jacke, dazu schwarze hohe Sneakers und eine verkehrt herum auf seinem Kopf sitzende Kappe. Sein schiefes Lächeln fiel in sich zusammen, als er mich musterte. Fragend sah ich zurück, musste dabei aber grinsen. 

"Was denn?", fragte ich, da er noch immer nichts gesagt hatte. 

Als sich unsere Blicke kreuzten und er den Augenkontakt etwas länger hielt, lachte ich etwas verhalten und sah zu Boden, als meine Ohren wärmer wurden.

"Jiminie." 

"Ja?", entgegnete ich sofort und sah zurück in seine dunklen Augen. 

Enttäuscht schaute Yoongi mich an. Er wirkte ungeduldig, zog die Brauen zusammen. Scheiße, was war denn los? Oh Gott, es war bestimmt so weit. Es ging um diese Dummheit an seinem Geburtstag. Oh verdammt. Ich hatte jetzt aber keine Nerve dazu, vermutlich würde ich vor Panik, dass er mich jetzt nicht mehr sehen wollte, heulen oder- oder- oder was auch immer?!

"Hab... ich was falsch gemacht?", murmelte ich. 

"Ja!", erschrocken zuckte ich zusammen, "Warum bist du noch nicht fertig?" 

Er klang nicht so enttäuscht, wie er schaute, also war es wohl nicht allzu ernst... Hoffentlich. Und scheinbar war es auch wirklich etwas anderes, als ich dachte. Zumal ich auch keinen Plan hatte, wofür ich bitte fertig sein sollte?

"Wofür denn?", hakte ich also leise nach.

Ich blinzelte verwirrt. Hatte ich was vergessen? Wir hatten vorhin geschrieben, aber von weggehen hatte er nichts gesagt. Gestern und die Tage vorher auch nicht. Also nichts von heute. Moment, gestern war er doch sogar hier gewesen...?

"Na los, zieh dich um und nimm vielleicht 'ne Jacke mit, heute Abend wird's kalt", er klatschte in die Hände, "Hopp, hopp, los! Nicht trödeln!" 

Oha. Entwarnung, er war nicht wirklich sauer. 

"Ääääh", machte ich, "Ich weiß irgendwie nicht, was du von mir willst, Yoongi." 

Genervt rollte er mit den Augen und legte die Hände auf meine Schultern. 

"Du gehst jetzt hoch und ziehst dich um, sodass du bis irgendwann spät draußen überlebst, ohne zu erfrieren-" 

"Lass kuscheln, Yoongi, bitte", scherzte ich. 

Er schüttelte bloß den Kopf, versuchte ernst zu bleiben. Der Ältere fand mich süß, das wusste ich, also wieso sollte ich das nicht ein wenig ausnutzen?

"U-und in der Zeit koch ich Tee oder Kaffee zum Mitnehmen. Wolldecken hab ich im Auto und wenn du willst können wir auch Kissen einpacken. Und was zum Essen holen wir unterwegs oder danach. Ich bezahl das." 

HÄ? 

Er schob mich nun zur Seite und ging geradewegs in die Küche. 

"Willst du mir nicht irgendwie sagen, wo wir hin wollen?", rief ich ihm nach. 

"Nein." 

"Yoongi!" 

"Nein!" 

"Yoooooon-gi! Bitte!" 

Schnell schloss ich die Haustür und lief barfuß in die Küche. Ich warf meine Arme von hinten um seinen Nacken und sah über seine Schulter in sein Gesicht. Mit der Nase in seinen Haaren und den Lippen direkt vor seinem Ohr bat ich ihn erneut leise darum, es mir zu sagen. 

"Komm schon, Yoongi", hauchte ich provokant. 

Spielerisch pustete ich in sein Ohr, als er sich nicht bewegte. Er zischte leise, schlug locker nach mir. Gekonnt wisch ich aus und wechselte die Seite und küsste sein linkes Ohr ganz fest. Der Blonde sah mich böse an, was ich mit einem breiten Grinsen abtat. 

Ich wusste bei ihm ganz genau, wie weit ich gehen konnte. Also... davon ging ich aus. Ich kannte ihn ja schon etwas länger, seit Kookie sich mit ihm am Basketballplatz angefreundet und ab da regelmäßig seinen "coolen Yoongi hyung" angeschleppt hatte, damit dieser ihn in seine Leidenschaft für Musik einbinden konnte. 

Anfangs war er eine Katastrophe gewesen. Unhöflich, grob, schlichtweg gemein oder er hatte mich einfach ignoriert und auf unserem Sofa geschlafen und sich vermeintlich von unserer Mom durchfüttern lassen. Aber dann, nachdem er mir mit meinen Beziehungsproblemen und meiner mich mobbenden Klasse geholfen hatte, sowie die Zeit die ich im Rahmen der Studienfahrt auf ihm herum glucken musste, hatten wir uns angefreundet. Ich hatte erfahren, dass er bei seiner Tante lebte und die kaum zu Hause war, dass seine Eltern in Daegu ihn rausgeworfen hatten und dass er eine Zeit lang mit seinen Depressionen kaum klargekommen war. Aber ich hatte das Gefühl, allein durch unsere Freundschaft und Kookie und unsere gemeinsamen Freunde hatte sich seine Situation schon gebessert. Inzwischen ging er auch nur noch alle drei Wochen zur Therapie, statt ein bis zweimal, wie er es mir erzählt hatte, dass es vorher so gewesen war. Er war auch durch unseren ganzen Kontakt offener geworden und man glaubte es kaum: er war auch weniger gemein und mal ehrlich... Yoongi war der süßeste von allen.

Und zumindest ich, naja, ich hatte mich voll in diesen Blödmann verliebt. Zusätzlich nutzte ich auch alles aus, was sich ergab.

"Du bist für Überraschungen überhaupt nicht zu gebrauchen!", tadelte er, "Wenn du so weiter machst, fahr ich ganz sicher nicht mit dir ins Autokino!"

"Wa-", ich blinzelte.

Dann drang die Botschaft zu mir durch. 

"Oh mein Gott, wie cool!", rief ich begeistert aus. 

Ich zog ihn fest an mich, machte einen Schritt zurück, wodurch ich ihn runter zog und küsste seine Schläfe. 

"Wie cool ist das bitte?! Wo denn? Wann? Warte, warte, warte- oh Gott, ich muss mich umziehen! Danke Yoongi!" 

Indes rannte ich aus der Küche heraus und hoch in mein Zimmer. Schnell stieg ich in eine schwarze Jeans und den grauen teuren Pullover, für den ich monatelang gespart hatte, sowie Socken und Jungkooks zweites paar Timberlands. Im Badezimmer presste ich mit einem Handtuch meine Haare halbwegs trocken und föhnte sie zusätzlich. Zurück in meinem Zimmer nahm ich mein Portemonnaie und meinen Haustürschlüssel aus meinem Rucksack, stopfte beides in meine Hosentaschen und verließ mit meinem Handy mein Zimmer wieder. 

Unten stand Yoongi schon mit drei Thermoskannen voll Tee und ein paar Kissen, was er alles mühselig unter seine Arme geklemmt hatte. Augenblicklich rannte ich noch einmal hoch und schnappte mir sowohl mein, als auch Kookies Kopfkissen vom Bett und im Endeffekt noch die von seinem Sofa, welche ich alle zu Yoongi brachte. Er musste grinsen, als ich ebenfalls so vollgepackt versuchte, die Haustür zu öffnen. 

"Du bist so behindert, Jiminie." 

"Lass mich", grinste ich beschämt, "Ich mag 's eben bequemer."

Durch das Milchglas sah ich eine Silhouette und hielt inne. Ein Schlüssel im Schloss wurde gedreht und schon stand mein kleiner Bruder vor uns und sah uns skeptisch an. Er zog unter seiner Beanie seine Kopfhörer aus den Ohren und musterte uns. 

"Ziehst du aus?", fragte er. 

Vorfreudig schüttelte ich den Kopf und strahlte ihn förmlich an. 

"Yoongi und ich gehen ins Autokino!" 

"Ja und wir müssen jetzt auch los-" 

"Wirklich?! Oh mein Gott wie cool! Hyung, ich war noch nie in einem Autokino! Welcher Film läuft denn?!" 

Kookie war vollkommen begeistert und sah Yoongi an wie ein kleines Kind, dem man versprach, dass es noch ein zweites Eis bekam. Der Ältere sah gen Himmel und dann zurück zu meinem kleinen Bruder.

"Irgendein... Drama oder so, zweiteilig glaub ich", nuschelte er und dabei wurde ich hellhörig, "Und wir müssen jetzt wirklich-" 

"Echt?!", rief ich aus. 

"Boah, ja, Kitsch muss auch mal sein, hyung!" 

Und Kookie war ganz kurz davor zu fragen, ob er- 

"Darf ich mit? Bitte Hyung! Ich war noch nie im Autokino! Ich trag auch die Kissen, bitte! Und der Film ist egal und ich versprech dir, ich bezahl für mich selbst!" 

"J-K-", wollte Yoongi ansetzen. 

"Ach, ich meine... Wieso nicht? Na komm Yoongi, ich wüsste sowieso nicht, wohin mit ihm." 

"Park ihn doch bei Jin, oder lass ihn alleine vor dem Fernseher oder so", warf der Ältere ein, "Das klappt bei mir schließlich auch."

"Kann Jin hyung mit?!" 

Jetzt war der Blonde wohl endgültig überrumpelt. 

Er verdrehte die Augen. 

"Jungkookie, ich wollte-" 

"Jiminie, bitte, bitte, bitte~!", sprach er nun mich an, bevor Yoongi sich weiterhin querstellen konnte. 

"Ich schwöre, ich benehme mich und ich höre auf euch beide! Ich will nicht alleine hier rumhängen, ich bin extra früher weg, weil ich mit dir kochen wollte, Jiminie und jetzt willst du mich alleine lassen-" 

Ein Abend mit Yoongi alleine weiter weg irgendwo in einem verdammten Autokino, mit Yoongi, alleine, ich und Yoongi, Yoongi und ich und jetzt wollte Kookie- also, als ob Yoongi wirklich sowas in dem Sinn geplant hatte, oder? 

"Ja mein Gott, von mir aus... gerne, ja. Ähm... Ist doch okay, hyung?" 

Angesprochener sah mir in die Augen. 

"Klar, J-K. Komm mit." 

Oh Gott, was hatte ich getan. Yoongi musste mich jetzt wirklich hassen. Er hatte noch nie so gequält und gleichzeitig so pissig geredet.

Und erst dann sah er zu meinem Bruder zurück. 

"Ich halt auch Abstand von euch und guck nicht hin." 

Yoongi schlug nach meinem Bruder. 

"Idiot, so ein Bull! Beweg dich ins Auto! Sonst fängt der Film ohne uns an!" 

Also nicht...?

Der Jüngere nahm mir sofort ein paar Kissen ab und lief geradewegs zum Auto von Yoongis Tante, bei der er lebte. Jungkook verfrachtete sich selbst mit den Kissen auf den Rücksitz und wartete ziemlich ungeduldig, dass wir zu ihm stießen. Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und lächelte Yoongi aufmunternd zu, der jetzt ganz schön angeschlagen wirkte. Er seufzte kaum merklich, bevor seine Mundwinkel leicht hoch zuckten. 

Kaum waren wir fünf Minuten unterwegs, schon meldete Kookie sich wieder zu Wort.

"Jin hyung und Namjoon hyung wollen mit." 

Yoongi und ich sahen durch den Rückspiegel meinen Bruder an. 

"Jin hyung und Namjoon können mich mal am Arsch lecken." 

Kookie seufzte. 

"Hyung, komm schon! Bitte! Das sind unsere Freunde!" 

"Die können ja selbst fahren, wenn sie wollen, Jin hat doch ein Auto", meinte Yoongi nur. 

"Aber das wäre doch voll unnötig, wir sind doch eh unterwegs!" 

"Hör mal, Jungkook, es reicht schon, dass-", setzte Yoongi an, doch ich fiel ihm ins Wort. 

"Lass dann doch auch einfach Taetae und Hobi hyung fragen." 

"Oh ja!" 

Yoongi sagte nichts mehr. Ich fasste an seinen Unterarm und strich über ihn.

"Es wäre doch cool, wenn wir alle sieben was unternehmen", murmelte ich, "Oder ist das doof?" 

Der Blonde sah mich im Augenwinkel an, lächelte daraufhin aber und schüttelte den Kopf. 

"Nein... Nein, ihr habt recht. Sag Taehyung er soll zu Hoseok gehen, wenn er nicht schon da ist. Aber wir müssen echt schnell machen, wir fahren noch eine gute Stunde."

Also rief ich Taetae an. Der war schon total aufgeregt, als er abhob, ehe er wusste, was ich überhaupt wollte. Er war auch tatsächlich schon bei Hoseok, also brauchten wir nur an dessen Zuhause vorbeizufahren. Zuvor sammelten wir aber Jin und Namjoon ein.



*



"AUTOKINO, AUTOKINO, AUTOKINO!", brüllte Taetae das gesamte Auto zusammen, als er in der Mitte auf dem Rücksitz Platz nahm. 

Ich saß nun hinten auf Taetaes Schoß, links daneben Hoseok, rechts Yoongi. Namjoon und Kookie saßen vorn neben Jin, der fahren sollte, da Yoongi aus Gründen keine Lust mehr dazu hatte und Jin das Auto sowieso vergötterte. Mal ehrlich, die Karre war auch der Hammer und vor allem ziemlich riesig. 

"Jin ich schwöre dir, wenn auch nur ein kleiner Kratzer im Lack-" 

"Ich behandle dieses Auto jedes Mal wie mein Baby Jungkookie hier, mach keinen Stress", erklärte der Älteste nur und zwickte Kookie demonstrativ in die Wange. 

"Der eine Spiegel-" 

"Ich hatte den Lappen eine Woche und die Parklücke war viel zu eng, weil der Typ so scheiße geparkt hat! Das war ja wohl nicht meine Schuld!" 

"Ich würde lieber JK das Auto parken lassen als dich!" 

"Kookie ist erstens noch für lange Zeit minderjährig und zweitens ist das schon ewig her, ich pass auf, lass mich!"

Die Fahrt verlief auf der Straße ziemlich ruhig, im Auto allerdings nach wie vor total chaotisch. Jeder freute sich über Yoongis Idee, der inzwischen auch einen zufriedeneren Eindruck machte. Taehyungie trommelte auf meinen Oberschenkeln herum, während er, Hoseok und ich angefangen hatten Sunset Glow von Big Bang, was im Radio lief, mitzusingen, wobei Jin immer wieder mit einstimmte. Kookie ließ sich von Namjoon irgendwas über Rap erklären, wobei sich Yoongi ausnahmsweise nicht einmischte, was aber meiner Meinung nach komisch war. Normalerweise war er bei Hip Hop immer voll dabei.

Singend lehnte ich mich rüber zum zweitältesten, schwang Taetaes Hände in meinen hin und her und stimmte lauter mit ein. 

"EVERY DAY EVERY NIGHT I NEEEED YOU!", grölten wir zu dritt den Text mit und ich küsste Yoongis Wange im Eifer des Gefechts. 

Davon versuchte ich mich selbst nicht beirren zu lassen und sang einfach mit Hoseok weiter, während Taehyungie, der meine Aktion als einziger außenstehender mitbekommen hatte, lachte und unsere Hände zusammenklatschte. 

Naja, es war Yoongi wohl irgendwie vielleicht peinlich oder komisch für ihn, keine Ahnung, aber ich sah ihn die restliche Fahrt nur noch sanft lächelnd aus dem Fenster starren. Das reichte mir schon. Er mochte Komplimente ja nur nicht, weil er damit nicht umgehen konnte, aber ich würde ihm das schon noch richtig beibringen. Schließlich hatte er viele Komplimente wirklich verdient.



*



Es hatte noch gut eine halbe Stunde gedauert, bis wir überhaupt angekommen waren. Später saßen wir alle eng aneinander und übereinander gekuschelt auf der Ladefläche zwischen Kissen und mit Decken. Die Fläche war groß, ja, aber für sieben Leute sah die Sache wieder ganz anders aus, weshalb sie Kookie mit Jin aufs Dach gesetzt hatte. Zu zweit hätten wir hier ausreichend Platz gehabt. 

Oh Gott verdammt, ich hätte mit Yoongi hier allein sein können auf einer Ladefläche eines verdammt coolen Autos mit Decken und Kissen und mit Yoongi, Yoongi, YOONGI! Und ich Idiot hatte meinem kleinen Bruder zusagen müssen, weil dieser kleine Penner mich so weich machte.

Yoongi lag direkt neben mir, Taehyungie hatte ein Bein über meins gelegt, während er zwischen Hoseoks Beinen lag. Namjoon lag quer und mit einem Bein über den Rand hängend vor uns allen.

Immer wenn er reinredete, traten Hobi oder ich nach ihm. Wahlweise war Jin auch etwas von den Süßigkeiten, die er eingepackt hatte, nach ihm. Wir waren die einzigen die sich wirklich auf die Filme freuten und konzentrierten, aber der Rest beschwerte sich nicht. 

Der Blonde neben mir sah häufiger zu mir herüber, was ich allerdings erst nach der ersten Stunde wirklich mitbekommen hatte. Hin und wieder reagierte ich darauf und lächelte ihm zu, was er erwiderte. Ansonsten blieb er ruhig.

Das Liebesdrama um die Charaktere spitzte sich am Ende des ersten Filmes zu, wodurch auch ich emotionaler wurde. Manchmal war das schon ein Manko, wie solche kitschigen Dramen mich beeinflussten. Unbewusst hatte ich schon nach Yoongis Hand gegriffen, was ich erst merkte, als er sie drückte und leicht an ihr zog, da er wohl mitbekommen hatte, dass ich eventuell gleich losheulen würde. Nur vielleicht, dann aber auch erst zum Ende des zweiten Filmes. Außer etwas in meinem Sicherungskasten würde plötzlich durchbrennen.

Ich lächelte den Älteren etwas breiter an, zog mich an seiner Schulter höher, um ihm leise ins Ohr zu flüstern. 

"Das wolltest du mit mir gucken, echt? Allein mit mir? Du wolltest dir das für mich antun? Gott, du bist so süß, Yoongi. Die anderen haben ja keine Ahnung." 

Ich kicherte beim Gedanken daran. Gott, er war der Süßeste! Auf ihn gestützt sah ich, wie er über seine Lippen leckte, mich dann direkt anschaute und etwas beschämt grinsend wieder zur riesigen Leinwand sah. Nun biss er auf seine Zunge, legte übertrieben offensiv seinen Arm um mich. 

"Für... die Kappe", winkte er ab und zupfte an entsprechender Kopfbedeckung. 

Leise lachend boxte ich ihm sanft in die Seite, woraufhin ich mich an ihn schmiegte und meinen Kopf auf seiner Brust bettete. 

"Für ein Geschenk muss man nichts zurückgeben. Du bist kein guter Lügner, Yoongi." 

Ein Bein legte ich über seins, ebenso wie ich meinen Arm um seine Taille legte. Noch einmal sah ich hoch, piekte ihm in die Wange. Yoongi sah mir geradewegs in die Augen. Wie gewohnt brachte mich zu viel intensiver Augenkontakt zum Grinsen und rot anlaufen. 

"Danke", formte ich mit den Lippen und wandte mich selbst wieder der Leinwand zu, während er durch meine Haare strich und daraufhin meinen Nacken kraulte.

Der Film wurde gewechselt. Namjoon und Kookie wollten zur Toilette, Hobi und Jin wollten etwas zu essen organisieren. Ich blieb einfach auf Yoongi liegen, zuckte aber zusammen, als Taetae eine Decke über uns ausbreitete. 

"Nicht krank werden, Chimchim." 

"Danke, Taetae", grinste ich. 

Vorsichtig zog ich die Decke auch mehr über Yoongi, der zu meinem Erstaunen noch nicht viel Mühe hatte, seine Augen offen zu halten.

Mein bester Freund neben mir bettete nun seinen Kopf auf meiner Schulter, sah mir in die Augen, als ich meinen Kopf zu ihm drehte. 

"Hm?" 

"Kann man so gut mit Yoongi kuscheln, dass du ihn nicht mal in der Pause loslässt?" 

Ich setzte mich mehr auf, ließ aber nicht von Yoongi ab. Zusätzlich nahm ich sogar seine größere Hand in meine und verhakte schnell unsere Finger. 

"Mit Yoongi kann man noch viel mehr~", raunte ich und begann herzhaft zu lachen, als angesprochener mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. 

"Bah, ihr seid ekelhaft." 

"Sagt der, der seinem Freund im Kino schon mal einen runtergeholt hat", konterte ich. 

Taehyungs Mund klappte auf und er atmete vollkommen empört ein. 

"Das ist eine Lüge! Eine ekelhafte Lüge! Ich wollte, aber Hobi hat mich nicht gelassen!" 

"Gott sei Dank", mischte Yoongi sich ein. 

Taetae musterte uns argwöhnisch. 

"Chimchim?", sprach er mich dann erneut an. 

"Ja?", fragte ich. 

"Hast du morgen schon was vor?" 

Nach kurzem Nachdenken schüttelte ich den Kopf. 

"Ich geh nur um vier zum Training, komm einfach vorher rüber." 

Mein bester Freund nickte. 

"Viel Zeit hab ich auch nicht, Hobi und ich wollten morgen shoppen, aber ich brauch nochmal deine Wunderhände, weil ich nicht malen kann und nach den Ferien doch Abgabe ist." 

"Ja, okay, bring halt alles mit und lass mich die Arbeit machen", tadelte ich unterschwellig. 

"Ich liebe dich auch."

Yoongi tippte mich an, schob mich von sich. 

"Steh mal kurz auf." 

"Wohin?", fragte ich leise. 

Dabei setzte ich mich nun gänzlich auf und rutschte zu Taehyungie rüber. 

"Wohin wohl? Keine Panik, ich komm gleich wieder." 

Der Ältere sprang von der Ladefläche und machte sich auf in Richtung Toiletten. Ich lehnte mich gegen das kühle Metall. 

"Kuscheln wir dann weiter?", fragte ich noch laut genug, dass er mich hören konnte. 

"Jaja." 

"Beeil dich, mir wird kalt!" 

Taetae räusperte sich. Leidend sah ich ihn an. Ich wusste ganz genau, was jetzt kam. Taetae wusste immer alles. Der Jüngere wollte mit mir über die Beziehung zwischen Yoongi und mir reden. Er wusste ganz genau, dass ich in den Blonden verliebt war und es sich nicht nur um eine Schwärmerei handelte. 

"Also~...? Wie ist denn das Wetter in deiner Ecke-" 

"Gott verdammt, Taehyung, spuck 's einfach aus." 

Er kicherte und schwang seine Beine auf meinen Schoß.

"Yoongi hyung hat scheinbar ganz schön viel für dich übrig. Ich meine ein Blinder würde selbst ohne Krückstock sehen, dass  er viel lieber mit dir allein wäre. Im Auto vorhin hat es ja schon angefangen." 

"Wir... wollten auch erst allein herkommen." 

"SIEHST DU! Der Typ steht voll auf dich und ich wette das geht schon lang so. Ich meine wärst du nicht mein bester Freund, würde ich auch voll auf dich stehen."

Ich zog die Augenbrauen zusammen. 

"Danke...?" 

"Bitte. Mal ehrlich, wie verliebt ist der, dass er freiwillig mit dir in einen so widerlich kitschigen Film geht. Ich meine, du findest sowas gut, aber jeder normale Mann kotzt doch wenn er den Filmtitel schon hört. Und die Schauspieler sind jetzt auch nicht-" 

"Fick dich, Taetae." 

"Doch nicht vor allen. Apropos: Hattet ihr mal ?" 

"Bitte?", fragte ich sofort.

"Na du weißt schon. Das mit den Bienchen und so. Und den... Wespen?" 

"Bienchen und Blümchen und nein, hatten wir nicht!" 

Er hob abwehrend die Hände, als ich gegen seinen Arm schlug. 

"Ja, hast Recht. Bienen und Wespen ist glaube ich Hardcore mit Spanken und so, findest du nicht? Erörtern wir später, egal. Zwischen euch läuft was. Ganz sicher. Mach mir nichts vor." 

"Wärst du nicht mein bester Freund, würde ich jetzt weinen und um Hilfe schreiend weglaufen. Ich hab doch selbst keine Ahnung. Ich weiß, dass ich verliebt bin und dass wir uns schon geküsst haben. Das war's." 

"Mehr nicht?" 

"Wie 'mehr nicht'?" 

Er hob die Schultern.

"Na ich dachte an was unterhalb der Gürtellinie. In Kombination mit etwas oberhalb der Gürtellinie, wenn du verstehst was ich meine", er wippte mit den Augenbrauen. 

Ich starrte ihn nur entsetzt an. 

"Na, ob du ihm oder er dir schon mal einen gebl-" 

"Taetae, ich hab dich schon verstanden! Und nein!" 

Taehyungie sah mich  mit großen Augen und einem breiten, offenen Grinsen an. Er wusste alles, er wusste alles, mich wehren wäre vergebens, ich war dran.

"Du Miststück wirst rot. OH. MEIN. GOTT. OH MEIN GOTT! OH MEIN GOTT, CHIMCHIM! ABER SOWAS VON HABT IHR DAS GEMACHT!" 

Er klatschte und lachte lauthals, dass seine Stimme den halben Platz füllte. Oh Gott, lügen brachte einen bei ihm nie weiter. Unfassbar, wie dieser Typ so gut Lügen durchschauen konnte.

"Taehyungie, wir waren betrun-" 

"LABER NICHT! Du warst noch nie so richtig betrunken, mit Yoongi um dich herum, weil du Schiss hast, du hast richtig Schiss, abzuschmieren, wenn er dabei ist! Ihr habt sowas von Oral gehabt und du warst nicht einmal voll! Oh mein Gott! Ich sterbe, wie gut ist das?! Und du versuchst eiskalt, mich anzulügen! EISKALT! MICH! DEINEN BESTEN FREUND!"

"OKAY, OKAY, mein Gott, ja. Ich hab... vielleicht, also an seinemGeburtstagmitihminseinemZimmerrumgemacht... unddannwollteichhaltetwasweitergehen... A-aber er meinte- also er sagte, dass, naja, sonst nichts weiter wäre, das war halt eine einmalige Sache, wie ein ONS, weißt du, Beziehung... ist nicht." 

Mein bester Freund zog einen leichten Schmollmund. 

"Aber der steht doch voll auf dich, warum lügt er dich an?" 

"Keine Ahnung, was er denkt und fühlt, ich meine, das ist auch schon was her. Wir kuscheln, reden und unternehmen viel und so, aber ich krieg's ja selbst nicht raus, was ich ihm inzwischen am liebsten sagen will. Also zeig ich es ihm und hoffe, dass er mich versteht und nicht irgendwie abgeschreckt wird. Ich will nicht ruinieren, was ich mit ihm bis jetzt aufgebaut hab. Verstehst du?" 

Er schüttelte den Kopf. 

"Nein. Ihr zwei seid richtig dumm. Nur mach dich bitte nicht unglücklich, hörst du?" 

"Unsinn." 

"Okay, dann komm ich morgen nur für mein Bild. Warte, warte, warte! Also habt ihr- OH MEIN GOTT! Ihr habt beide gelogen! Im - oh mein Gott - im Tanzstudio! Ich hab doch gefragt, ob zwischen euch was vorgefallen ist, weil du ihn so lang ignoriert hast! Oha! Ich fasse es nicht!" 

Ja~ ich hatte Spaß mit Yoongi und ja, ich hatte ihn nach seiner Ansage ignoriert. Zumindest war ich kaum noch auf ihn eingegangen und das was Taetae meinte, da hatte er ganz spontan für Chanyeol hyung einspringen müssen und im Tanzstudio Klavier spielen müssen. Erst da hatte ich wieder ansatzweise normal mit ihm geredet, weil ja Taetae dabei gewesen war.

"Taetae, bitte." 

Er seufzte. Dann nickte er. 

"Tut mir leid. Das macht mich nur etwas fertig, dass du mir das nicht einfach direkt erzählt hast."  

"Schlimm?", ich lächelte schief.

"Ich dachte zwei Wochen unser Freundeskreis könnte 'nen Knacks kriegen. Aber ich vergebe dir, weil du mein bester Freund bist und ich dich liebe." 

"Es tut mir ja leid", jammerte ich und stieß meinen Kopf gegen seine Schulter.

Taetae streichelte mir fürsorglich über den Kopf.

"Soll ich mit ihm reden?"

"Nein", ich schüttelte den Kopf, "Nein, nein. Ich... ich regel das schon."

Aufgeregt kam der Jüngere näher.

"Ja, wie denn?"

Nun zuckte ich mit den Schultern.

"Meinen... Charme spielen lassen?"

"Das machst du rund um die Uhr."

"Aw! So süß, Taetae!" 

Dafür wuschelte ich durch seine brünetten Haare. Er rutschte wieder weg, als Yoongi zurückkam. Ich nahm den Älteren sofort in Empfang. Tatsächlich setzte er sich auch wieder ohne Gegenwehr neben mich und ließ mich meine Arme um ihn legen. 

Kurz darauf kamen auch die anderen zurück. Jin setzte sich diesmal zu Namjoon, während Taetae nun darauf bestand, neben Kookie auf dem Dach zu sitzen. Hoseok setzte sich indes ganz vor und schwang die Beine über den Rand. 

Ich zog die Decke wieder über Yoongi und mich und zog sie absichtlich etwas höher. Einmal sah ich prüfend hoch, konnte aber nur Taetaes Füße sehen. Nun zog ich mich wieder an Yoongi hoch und rückte nah an ihn ran. Er sah mir in die Augen. 

"J-K hat mich eben mehrfach gefragt, ob wir zwei allein sein wollen."

"Oh, tatsächlich?", entgegnete ich leise.

Er nickte knapp.

"Der kleine Pisser könnte ruhig mehr denken, statt zu schwätzen. Als ob ich dich nicht oft genug alleine sehe."

Locker boxte ich den Älteren zur Strafe, meinen kleinen Bruder beleidigt zu haben, lachte aber leise. 

"Ich hab nicht nachgedacht, sorry."

"Das nehm ich dir übel, bis wir alt und hässlich sind."

"Alt bist du doch jetzt schon."

"Wow. Du machst die Situation gerade nicht viel angenehmer."

"Oh~", maulte ich und beugte mich an sein Ohr, "Sorry, komm schon. Danke nochmal, ja? Danke, danke."

"Du musst mir nicht-", fing er leise an, doch ich unterbrach ihn, woraufhin er zum zweiten Film sah.

"Doch, ich muss. Besonders weil es meine Schuld ist, dass wir nicht alleine sind. Und ich weiß, dass du mit mir alleine sein wolltest, lüg jetzt ja nicht."

Der Ältere blieb einen Moment still. Dann sah er von der Leinwand zurück in mein Gesicht. 

"Und wenn ja?", fragte er.

Ich hob die Schultern. Ich wusste nicht, ob ich ihm alles sagen sollte oder nicht. Ebenso war ich mir uneins, wie er reagieren würde. Aber ja, er hatte ja mit mir allein sein wollen, also hatte es vermutlich nach allem ja doch Gründe, mich zu so einem für zwei allein bestimmt auch ziemlich coolen Date einzuladen. 

Letztendlich blieb ich still. Zumindest mit Worten. Dann fasste ich an seine Wange und streckte mich ihm entgegen und rang mich dazu durch, den Älteren zu küssen. Der hielt erst eine Weile still, woraufhin ich anfangs dachte, er wäre plötzlich tot oder versteinert oder sonst was, doch dann, ganz zögerlich, erwiderte er meinen Kuss.

Es war als würde jegliche Anspannung verschwinden. Wir waren beide nüchtern, wir waren nicht allein und wir küssten uns trotzdem. Das deutete ich also fürs erste als Bestätigung, dass wir ja doch ein ganz süßes Paar abgeben würden.

Als Yoongi dann viel mehr Gefühl zeigte, als ich es mir hätte ausmalen können, wie er vorsichtig an meiner Unterlippe saugte und an meine Wange fasste und die Haare in meinem Nacken kraulte, fiel mir auf, wie anders es war. Ganz anders, als beim letzten Mal, das wir uns geküsst hatten und naja... 

Er war so gelassen und entspannt gerade, das ich ihn beinahe fragen wollte, wer er war und was er mit dem echten Yoongi gemacht hatte. Nichts hieran vermittelte auch nur ansatzweise, dass es nur für heute war. Und als der Blonde mir nach dem Kuss in die Augen sah, mich schief anlächelte und mir einen Kuss auf den Wangenknochen drückte, ehe wir den Film zusammen weiterschauten, wusste ich, dass es auch wirklich nichts für nur diesen Moment war. 



*



"Warte noch kurz", sagte ich zum Blonden, als ich ausstieg. 

Schnell lief ich ums Auto herum und wies ihm an, die Scheibe herunterzufahren, was er tat. Ich lehnte mich nah an sein Ohr, während Kookie schon an der Haustür war.

"Wiederholen wir das?" 

"Klar", murmelte er. 

Etwas nervös schluckte ich. 

"Auch... nurwirbeide?" 

Sein gewohnt schiefes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Eine seiner Hände glitt in meinen Nacken und seine Fingerspitzen strichen über die Haut. 

"Würdest du das echt wollen?", fragte er.

Ich nickte. Einen kleinen Moment sagte er nichts. Stattdessen zog er mich näher und ehe ich mich versah, hatte ich erneut seine Lippen auf meinen liegen. Zärtlich erwiderte ich den Kuss und biss diesmal selbst sanft in seine Unterlippe. 

"Aber dann bitte mit einem anderen Film", maulte er nun, "Weißt du eigentlich, wie schwer es ist, für dich dafür wach zu bleiben? Und mich dann auch noch mit dir vom Film abzulenken? Das übersteh ich nicht, wenn es wieder so ein Drama ist."

Ich kicherte. 

"Ausnahmsweise." 

Dann küsste ich seine Schläfe fest. 

"Soll ich... soll ich nicht wieder den Mund halten?"

Er schüttelte den Kopf.

"Das war total scheiße von mir. Also... nein, auf keinen Fall. Ich denke, wir kriegen das gut hin. Irgendwie. Ich komm morgen nochmal vorbei."

"Okay, ich freu mich", hauchte ich, "Schlaf gut, Yoongi." 

"Du auch", entgegnete er ebenso leise. 

Ich strich seine Haare aus seiner Stirn. Seine geröteten Wangen waren so niedlich. Noch ein letztes Mal für heute Abend streckte ich mich ihm entgegen und gab ihm einen liebevollen Kuss. 

"Danke." 

"Für... Für dich... immer. Geh schon rein, los. Wir sehen uns morgen."

"Du bist so süß", kicherte ich, "und keiner weiß es."

"Geh rein. Du wirst krank."

"Ich will dich wirklich, Yoongi", ich winkte ihm zu und grinste breit.

Er biss auf seine Unterlippe, sah runter, dann in meine Augen. Er nickte, als wolle er mich loswerden, auch wenn es sicherlich nicht so gemeint war.

"Rein, ich werde dich nicht tragen, also geh!"

"Das wirst du auch erst müssen, wenn wir heiraten", ich warf ihm eine Kusshand zu, "Keine Panik!"

"Geh schon!"




*
 

 

 

Das war's! Es ist einfach so passiert und das isses halt jetzt. Ich lass das jetzt mal so stehen. ¯\_(ツ)_/¯

Aber hey, es war trotzdem spaßig und ich hoffe sehr, es hat Dir gefallen und du hattest einfach ein bisschen Spaß!
Wenn ja, dann lass es mich doch bitte wissen!Nach wie vor ist konstruktive Kritik iiiiiiimmer erwünscht :))

Liebe Grüße

Sazandora 

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