Erinnerungen

Die Bestie (The Beast - German translation)

nützliche Vokabeln:

umma - Mama
appa - Papa
yeobo - Schatz, Liebling
hyung - älterer Bruder/Anrede von Jungs für ältere Jungs
dongsaeng - jüngerer Bruder
maknae - jüngstes Mitglied einer Gruppe
Yah! - Hey!

 


 

 

"Wir müssen ihn nicht töten."

 


 

 

Der kleine Junge hielt die Hand seiner Mutter, während die Frau hastige Schritte in Richtung Wohnzimmer durch die dunklen, langen Korridore der Villa machte. Kerzen flammten auf als sie daran vorbeikamen.

Der Achtjährige wimmerte wegen der Hand, die seine fest umschloss, so fest, dass es wehtat. Er sah die langhaarige Frau an. Ihr Gesicht zeigte eine Mischung aus Ängstlichkeit und Sorge, und ein schmales Lächeln erschien auf ihren Lippen, als ihr Blick den ihres Sohnes traf.

 

Die Augen des Jungen weiteten sich geschockt; das letzte Mal, das die Frau ihn angelächelt hatte, war gewesen, als er ausversehen eine Katze getötet hatte, während er von ihr getrunken hatte.

Damals hatte er sich geweigert, von seinem Kindermädchen zu trinken, er hatte dem Mädchen nicht wehtun wollen, weil sie so nett zu ihm war! Er hatte sich so schlecht gefühlt, als sie ihn voller Verzweiflung angesehen hatte und ihn angefleht hatte, es nicht zu tun. Doch seine Mutter wollte, dass er von einem Menschen trank, dass er mit den Blutreservepackungen aufhörte und dass es Zeit sei zu lernen, wie man es richtig macht.

Er weigerte sich. Um ihn zu bestrafen tötete seine Mutter das Kindermädchen, seine einzige Freundin, diejenige die sich um ihn gekümmert hatte, seit er ein Baby war.

Von Hunger getrieben hatte er von der Katze getrunken, als er nirgendwo Blutpackungen finden konnte.

Er hatte stundenlang geweint, er hasste den Tod, er hasste es, wenn jemand starb, und er hasste es noch mehr, gezwungen zu sein, jemanden sterben zu sehen. Seine Mutter hatte ihm gesagt, Tod sei natürlich, dass er viel mehr als nur eine Katze würde töten müssen, um zu überleben. Sie hatte gelächelt, das tote Tier genommen und es aus dem Fenster geworfen.

Er mochte seine Mutter nicht. Er hatte Angst vor ihr. Er hasste sie.

 

„Er ist hier, Kibum. Er ist hier, um dich zu sehen.“ Das Lächeln der Frau wurde breiter, und ihre Fangzähne kamen stolz blitzend zum Vorschein.

„Wer?“, fragte der Junge, mit bedacht  leiser Stimme, um die Erwachsene nicht zu verärgern. Er wusste, dass sie es nicht mochte, wenn er zu laut sprach.

Die Frau in dem teuren dunklen Samtgewand lächelte selbstgefällig; ihre Augen waren unverwandt auf das Ende des Korridors gerichtet, wo eine große, hölzerne Tür sie vom Wohnzimmer trennte. „Dein zukünftiger Partner.“

„Umma… warum muss ich ihn treffen?“, fragte der kleine Kibum und biss sich nervös auf die Lippe. Das gefiel ihm nicht, es gefiel ihm überhaupt nicht. Warum musste er mit jemandem sprechen, den er noch nie zuvor gesehen hatte? Und nach dem, was seine Mutter ihm erzählt hatte, war er viel älter als er selbst.

Die dunklen Augen der Frau fielen mit scharfem Blick auf den Jungen. „Du weißt warum! Die Kims sind eine der reichsten Familien, die es gibt! Sie sind mächtig, Kibum! Ein Glück, dass du mit dem Talent deines Großvaters geboren wurdest. Ich glaube nicht, dass du es ohne es schaffen würdest…! Sie wollen Kraft, und du wirst dich besser als stark herausstellen! Wir brauchen diese Vereinigung!“, spuckte sie und blieb plötzlich stehen, als der Junge sich weigerte, noch einen Schritt weiter zu gehen.

„Ich will mich nicht paaren…!“, wimmerte er, kleine Tränen bildeten sich in den Winkeln seiner dunklen, unschuldigen Augen.

Er wusste, er sollte sich nicht gegen seine Eltern wenden, aber er hasste diese Idee einfach! Es kam ihm falsch vor!

Wie er es erwartet hatte, schlug ihn eine manikürte Hand hart ins Gesicht, während wütende Augen ihn von oben durchbohrten. „Was sagst du da, du dummer Junge?! Du wurdest den Kims in der Sekunde deiner Geburt versprochen. Es ist nicht deine Entscheidung. Du tust, was ich sage!“

„Warum?“, flüsterte er und blickte zu Boden, als eine Träne seine blasse Wange hinabrann, die er schnell mit dem Ärmel wegwischte. Er konnte jetzt nicht weinen, er konnte nicht, er wusste es würde alles noch viel schlimmer machen.

„Jetzt hör mir mal zu, du dummes Kind!“ Die Frau stieß den Jungen in eine dunkle Ecke und erhob einen warnenden Finger, dessen scharfer Nagel beinahe seine Nasenspitze piekte. „Du wirst dieses Treffen nicht ruinieren! Du wirst deinen Partner treffen und besser alles tun, um ihn dazu zu bringen, dich zu mögen! Es ist Jahre her, dass er dich das letzte Mal gesehen hat! Also versuch gut auszusehen und benimm dich wie der Adlige, der du bist!“

„Er ist zu alt…“, flüsterte er und versuchte, den Drang zu unterdrücken, in Tränen auszubrechen.

„Er ist mächtig! Das genügt dir, um ihn zu mögen! Jetzt sei still und tu, was ich gesagt habe! Du willst mich nicht wütend erleben, Kibum.“ Sie schob ihr Kind auf die große Tür zu und starrte ihn wütend an.

Kibum rieb sich seine schon feuchten Augen und fühlte die Hände seiner Mutter seine Kleidung zurechtzupfen, bevor sie die Tür zu dem hellen Raum öffnete.

Vorübergehend vom Licht geblendet hielt sich der kleine Junge seinen Arm vor die Augen, um sie mit seinem Schatten zu schützen.

Ein paar Personen saßen neben dem Klavier. Er konnte seinen Vater sehen, der ein Glas Wein in der Hand hielt und sich angeregt mit einem Mann unterhielt, der Mr. Kim sein musste; an seiner Seite eine elegante Dame, die gerade einen Schluck aus ihrem eigenen Glas nahm. Da war noch eine weitere männliche Gestalt, die aus dem Fenster starrte, ein Teenager, und der achtjährige Junge spürte seine Knie weich werden.

Sich zu paaren bedeutete, einen Teil seiner Seele der anderen Person zu überlassen, es war viel mehr als das, was Menschen Heirat nannten, es war etwas stärkeres, spirituelleres. Er wollte es nicht jetzt tun und er wollte es nicht mit einem Fremden tun. Ein Dienstmädchen hatte ihm einmal erzählt, dass Leute ihr Partner normalerweise fanden, wenn sie erwachsen waren, doch er war dem Sohn der Kims am Tag seiner Geburt versprochen worden. Und all das war die Schuld seiner dummen Kraft…

Als sie den Raum betraten, wurde Kibum von seiner Mutter zu den wichtigen Leuten geführt. Ihre Stimmung änderte sich vollkommen und er konnte nicht anders, als sie anzustarren. Sie strahlte vor Freude. Ihre Augen funkelten ihre Gäste an, und ein breites Lächeln verließ ihre pinken Lippen. Warum konnte sie ihn nicht auch so ansehen? Warum liebte sie in nicht? Was hatte er falsch gemacht?

„Und dieser junge Mann ist wohl Kibum, nicht wahr?“ Die Frau mit dem Glas lächelte ihn an und holte ihn so aus seinen Gedanken. Sie war hübsch… kurze goldene Locken fielen ihr auf die Schultern, dunkelblaue Augen lächelten ihn freundlich an, wie jede Mutter es tun sollte… wie er wollte, dass seine Mutter es tun würde…

„Kibum!“, hörte er seine eigene Mutter an seiner Seite zischen, um ihn daran zu erinnern, die Person ihm gegenüber zu grüßen.

Er verbeugte sich schnell auf höfliche Art und errötete wegen seinem Fehler. Er wusste, er sollte seine Gäste sofort grüßen… seine Mutter würde wirklich wütend werden, wenn er es nicht täte… „Erfreut, Sie kennen zu lernen, Mylady. Willkommen in unserem Haus.“ Er wiederholte die Worte, die seine Mutter ihm über die Jahre beigebracht hatte.

„Awww.. er ist so süß. So höflich!“, rief die Frau verzückt aus, und brachte den Jungen dazu, rot zu werden. „Er ist schon acht sagen Sie? Er ist groß!“

„Vielen Dank, Mylady.“ Er verbeugte sich erneut und spürte ein Lächeln auf seinen Lippen. Er war froh… so froh, dass die Frau ihn mochte. Normalerweise würden die Freunde seiner Mutter seine Anwesenheit nicht einmal bemerken, wenn es ihm erlaubt war, im selben Raum mit ihnen zu bleiben. Es fühlte sich gut an, wenn jemand ihn mochte.

„Ist er nicht allerdings ein bisschen… knochig?“ Der Mann an der Seite seines Vaters zog eine Augenbraue hoch, während er ihn mit kritischem Blick betrachtete. „Er sieht schwach aus.“

Dabei spannte seine Mutter sich neben ihm an und neigte den Kopf ein wenig, beinahe entschuldigend. „Kibum ist noch ein Kind… er wird stärker werden.“

Oh nein…

Er war in Schwierigkeiten, das war ihm klar. Der große Mann sagte, er sei schwach, und seine Mutter schrie ihn immer an, er solle öfter trinken sodass er stärker werde… und er tat es nicht. Er wusste, er würde später dafür angeschrien werden, wenn er nichts tat, damit der Mann ihn mochte…!

„Hm… wir werden sehen.“ Der Mann zuckte mit den Schultern und seine dunklen Augen landeten wieder auf Kibum. „Sag, Kind, weißt du, warum du hier bist?“

„Ich bin gekommen, um meinen Partner zu treffen…“ Er flüsterte es fast, die Worte wollten nicht so recht hervorkommen.

Ein sarkastisches Lachen kam von der männlichen Gestalt am Fenster, und seine Wangen brannten. War es nicht das, was er sagen sollte? Hatte er etwas falsch gemacht?

Der ältere Mann nickte, kreuzte die Beine und lehnte sich auf der Couch zurück. „Das ist richtig. Aber zuerst… musst du mir zeigen, was du kannst.“

„Wie bitte?“, fragte seine Mutter erschrocken.

„Ich muss wissen, ob er immer noch die Kraft hat, die ich Jahre zuvor gesehen habe. Er war nur ein Baby, als ich es sah. Wir werden dieser Vereinigung nicht zustimmen, ohne uns dessen sicher zu sein.“, sagte der Mann mit strenger, ernster Stimme; seine scharfen Augen fielen auf den Jungen, der ihn entsetzt anstarrte. „Ich werde meinen Sohn sich nicht mit einem Kind paaren lassen, es sei denn, es kann immer noch seine Kraft gebrauchen.“

„Meine… Kraft?“, würgte Kibum hervor. Er wusste ganz genau, dass er sie immer noch nicht vollständig kontrollieren konnte. Es war nicht so einfach… er wusste nicht einmal, wie er das geschafft hatte…!

„Das ist richtig, Kind. Tu es. Zeig uns etwas.“ Der Mann presste seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, verschränkte die Arme und wartete.

Der Junge spürte, wie sein Herz vor Panik schneller schlug. „Sir… ich kann sie nicht kontrollieren. Es funktioniert nur wenn-“

„Kibum, tu, was Mr. Kim sagt!“, rief seine Mutter an seiner Seite, mit mörderischen Augen, die auf ihn hinabstarrten.

Ihm war zum Weinen zumute. Er wusste, er konnte es nicht tun…! Er konnte es nicht kontrollieren! „Aber umma-“

 

Die blonde Frau legte eine Hand auf das Knie ihres Mannes, während sie den Jungen mit den feuchten Augen mitleidvoll ansah. „Wir sollten das Kind nicht unter Druck setzen, yeobo…“

Der Mann schüttelte nur verneinend den Kopf. „Wenn er der Partner meines Sohnes sein soll, dann muss ich sicher sein, dass er in der Lage ist, diesen Titel zu tragen.“

„Kibum. Tu es.“, kam eine tiefe, fordernde, männliche Stimme von seiner Rechten. Sein Vater blickte ihn mit strenger Miene an.

„Appa…“, schluchzte der kleine Junge mit flehenden Augen. Seine schmale Brust schmerzte, schwer atmend vor Angst, sein Kopf tat weh, und Tränen begannen, wie verrückt seine Wangen hinab zu strömen. Er wollte davonlaufen…

„KIBUM, TU WAS ICH SAGE!“, schrie seine Mutter hysterisch und grub ihre scharfen Nägel in seine knochige Schulter.

„Umma…“ Er weinte, Schmerz lief durch seinen Körper und ihm wurde schwindelig.

Warum liebte sie ihn nicht? Warum sah sein Vater ihn voller Enttäuschung an?

„UMMA…“

Er konnte es sehen. Dunkelrote Flecken bildeten sich auf seinem Hemd, wo die Nägel seiner Mutter sich weiter hineinbohrten, um ihn dazu zu bringen, etwas zu tun. Irgendwas…

„UMMA!“

Niemand liebte ihn… niemand sorgte sich um ihn…
Er wollte verschwinden…

„UMMA, WACH AUF!“

Scharfe, katzenhafte Augen öffneten sich geschockt und ein lautes Keuchen entkam seinen Lippen, als er sich sprungartig aufsetzte.

Seine Brust hob und senkte sich heftig und entließ schnelle, hastige Atemzüge. Er konnte sein Haar an seiner verschwitzten Stirn kleben fühlen, seine Lippen waren wüstentrocken, bis sie von einer einzigen Träne befeuchtet wurde, die aus seinen verschleierten Augen fiel.

Der Raum war dunkel, doch er konnte eine Gestalt ans Bett gelehnt sehen, eine Hand, die nach seiner Schulter griff und ihn wachrüttelte. Eine männliche Hand, eine Hand ohne lange, scharfe Nägel.

Ein Traum.

Noch einer.

Derselbe.

Es waren Jahre gewesen… warum konnte er es nicht einfach vergessen…?!

„Key hyung… bist du okay? Du hast gewimmert, als ich reinkam…“, fragte Taemins Stimme in besorgtem Ton. Seine Hand rieb jetzt die Schulter des älteren.

Key wischte sich schnell die Augen mit seinem Handrücken, lächelte und nickte. Er war schon besser, jetzt, da er wach war. Viel besser. „Ich bin okay, Minnie. Was ist los?“

Die Lippen des jüngeren formten sich zu einem Lächeln. „Man ruft nach dir. Wir gehen jagen.“

Jagen. Was für ein hässliches Wort.
Er fragte sich, warum Taemin es so sehr mochte. Er hasste es zu jagen. Er hasste es zu töten.

Taemin biss sich auf die Lippe, als der ältere Junge seinen Rücken wieder gegen das Kissen lehnte, und versuchte, ihn hochzuziehen. „Es ist eigentlich ein Notfall, also solltest du schnell aufstehen und dich anziehen.“, warnte er.

Key stöhnte gereizt, und setzte sich müde in seinem Bett auf. „Was ist es diesmal?“

Taemin hastete zum Kleiderschrank, öffnete ihn und suche etwas darin. „Ein Spion hat uns über eine große Gruppe von Rebellen im Norden informiert. Sie haben vor, eine Gruppe Pfadfinder zu überfallen, die im Wald campen.“ Der maknae ging zu seinem Freund hinüber und legte ihm seine Uniform in den Schoß. „Hier.“

Key rollte die Augen. „Klassisch.“

Der jüngere seufzte verzweifelt, als der ältere Junge sich nicht schnell genug bewegte, und half ihm sich auszuziehen, indem er ihm sein Schlafanzugoberteil über den Kopf zog. „Es könnte sein, dass dort auch Bestien auftauchen werden.“

Der katzenhafte Junge runzelte die Stirn vor Verwirrung, während er mit den Beinen in den schwarzen Anzug schlüpfte. „Rebellen und Bestien mischen sich nicht.“

Taemin nickte und half seinem Freund, die enge Uniform richtig anzupassen, bevor er den Reißverschluss am Rücken schloss. „Das ist das Problem. Sie sind nicht zusammen.“

Keys Augen weiteten sich und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Zwei Gruppen auf dem Weg zum gleichen Ziel? Arme Pfadfinder, sie werden den Schreck ihres Lebens haben.“ Er lachte und befestigte einen Pistolenhalter um seine Hüfte.

„Ich hoffe nicht. Wir sind schließlich da um sie davon abzuhalten.“ Taemin grinste und nahm Keys Pistole von seinem Nachttisch.

Key bemerkte die fröhlichen Augen des Jungen und lächelte traurig. „Ja…“

Als er Jahre zuvor Onews Klan beigetreten war, hatte er gedacht, mit ‚jagen‘ sei ‚Menschen jagen‘ gemeint, und er hätte ihn beinahe gleich wieder verlassen.

Er war vor seinem eigenen Klan weggelaufen, dem Klan seiner Eltern, und war allein auf der Straße gelandet, als er nach einem Platz zum Bleiben gesucht hatte, ein neues Leben zum Leben. Da er ausschließlich unter Vampiren aufgewachsen war, war er den Lebensstil der Menschen nicht gewohnt. Seine Eltern hatten ihn in der Villa gehalten, seit er ein kleines Kind gewesen war, und er war dort nur herausgekommen, wenn sie ihn wirklich mitnehmen mussten, was extrem selten vorkam.

Die einzigen Menschen, die er kennengelernt hatte, waren einige Dienstmädchen, die in der Villa angestellt gewesen waren, und es war ihnen verboten gewesen, mit ihm zu sprechen.

Als er letztendlich einen Weg gefunden hatte, aus den riesigen Toren der Villa zu entfliehen… war er außer sich vor Freude. Er rannte, rannte wie ein Gefangener, der einen Tunnel gegraben hatte und ausgebrochen war.

Diese verfluchte Villa lag wirklich am Ende der Welt, und erst drei Tage später konnte er schließlich sehen, wovon er bisher nur geträumt hatte.

Eine Stadt. Seoul.

Er bekam Angst. Er hatte noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen, es war wirklich beängstigend.

Ohne Geld konnte er sich nichts zu essen kaufen, und der Virus in ihm begann auch, nach Blut zu verlangen. Er wusste nicht, was er tun sollte.

Er hatte Essen von Menschen gestohlen, um zu überleben, aber das konnte er irgendwann nicht mehr, es war nie genug, und seine vampirische Seite begann, seinen Körper zu übernehmen.

 

In einer Nacht änderte sich alles.

Es war später Nachmittag und er verbarg sich gerade in einer dunklen Gasse. Es war nicht, dass er Angst vor der Sonne hatte, er liebte sie wirklich. Er liebte, wie die angenehme Wärme auf seine Haut schien und sie küsste. Jahre lang in den kalten Wänden der Villa seiner Eltern zu leben, hatte ihn blasser als Kalk werden lassen, es war ihm nicht einmal erlaubt gewesen, länger in den Gärten zu bleiben. Er konnte gar nicht anders, als die Sonne zu lieben, so hell, so leuchtend. Aber um zu trinken… musste er in den Gassen bleiben.

Er hasste den Geschmack. Das gute an den Gassen waren die gigantischen Ratten, die dort lebten, doch ihr Blut war widerwärtig. Viele von ihnen schleppten hunderte von Krankheiten mit sich herum und er konnte ihnen bei ihrem fiesen Gestank nicht einmal nahe kommen. Aber er hatte keine Wahl. Er konnte keine Menschen töten, es brach ihm das Herz, ihre Herzen vor Angst pochen zu spüren, ihre entsetzten Schreie zu hören und ihre Körper sich vor Schmerz krümmen zu sehen, wenn sie langsam aufgaben… und starben.

Doch eines Tages änderte sich sein Schicksal.

Er trank gerade, und dann passierte alles in Sekundenschnelle.

Die Kraft, von der seine Eltern so dringend wollten, dass er sie kontrollierte… die Kraft, die er so sehr hasste… rettete ihn.

Er war, was seine Eltern gerne ‚Seher‘ nannten. Er gelangte in eine Art Trance, und in wenigen Sekunden bekam er Visionen. Es konnten Szenen aus der Vergangenheit oder aus der Zukunft sein, er bekam Informationen, um die er gar nicht gebeten hatte, es war etwas komplett Unwillkürliches.

Und was er sah… war jemand hinter ihm, bereit, ihn anzugreifen.

 

Als er seine Augen öffnete… wich er ihm aus.

Ein Messer schlug auf dem Boden auf, wo er nur Sekunden zuvor gewesen war, und er rannte.

Das war seine erste Begegnung mit Rebellen gewesen. Rebellen waren, soweit er wusste, das größte Problem der Adligen.

 

Vampire, hatte man ihm beigebracht, waren in Klassen gespalten.

Die stärkeren, der Adel, bildeten Klasse A; sie waren selten, weil sie von zwei Vampiren als Eltern geboren wurden und die meisten Babys nicht stark genug waren, um den Virus zu tolerieren, und viele starben, noch bevor sie geboren wurden.

Klasse B waren diejenigen, die nur einen Vampir zum Elternteil hatten, währen der andere menschlich war. Sie waren stark, aber nicht so stark wie vollblütige Vampire.

Klasse C war die am meisten verbreitete Rasse, sie waren früher Menschen gewesen und dann entweder von einem Klasse A oder Klasse B Vampir infiziert und verwandelt worden.

Klasse D war die Klasse, die sie die ‚Rebellen‘ nannten. Sie waren diejenigen, die von Klasse C infiziert und verwandelt worden waren. Die Opfer eines Bisses eines Klasse C Vampirs wurden zu viel schwächeren Vampiren; allerdings behielten nur sehr wenige der Klasse D ihre wahre Persönlichkeit, die meisten wurden zu gewalttätigen, machthungrigen Kreaturen. Sie jagten in Rudeln, manchmal angeführt von einem Vampir einer höheren Klasse. Ein einziger Rebell war wehrlos und einfach zu töten, doch im Rudel wurden sie viel angriffslustiger, gefährlich.

Anders als stärkere Vampire wie A, B oder sogar C, war die Klasse D sehr viel empfindlicher, was die Sonne anging. Der Virus reagierte wie Säure bei Kontakt mit der Sonne und sie würden wirklich schlimme Verbrennungen bekommen, wenn sie sich zu lange im Tageslicht aufhielten.

 

Dann folgte die letzte Klasse, Klasse E.

Klasse E Vampire wurden Bestien genannt. Bestien, da sie ihre Menschlichkeit komplett verloren, sie waren niemandem gegenüber freundlich gesinnt, nicht einmal ihrer eigenen Rasse. Sie waren vollkommen allergisch gegen die Sonne, sie waren ausschließlich Nachtkreaturen und sie lebten einzig und allein um zu töten. Doch sie waren selten.

Wenn er von einem Rebellen, einem Klasse D Vampir, gebissen wurde, würde ein Mensch entweder sterben oder den Virus einigermaßen tolerieren und eine Bestie werden.

Das merkwürdige war, dass Bestien, anders als Klasse D, die ein Haufen schwacher, bösartiger Vampire war, sehr stark waren, so stark, dass sie selbst an Klasse C oder B herankamen.

 

Aus diesem Grund war es Leuten aus Klasse C strengstens verboten, Menschen zu beißen; die Straßen waren voll von Rebellen, Abschaum, auf den sie verzichten konnten, und mehr Rebellen bedeuteten mehr Bestien, etwas, das sie überhaupt nicht gebrauchen konnten. Diese beiden letzten Klassen mussten sterben, sie waren nur das Erzeugnis eines gefährlichen Virus, und wenn jemand dabei erwischt wurde, neue Rebellen zu schaffen, bedeutete das für ihn die einzige Strafe, die sie ihm geben konnten. Den Tod.

 

Kibum hatte gedacht, er gehöre zu Klasse A.

Das tat er nicht.

Seine Mutter hasste ihn nicht, tatsächlich hatte er sie nie getroffen.

Die Frau, die er jahrelang für seine Mutter gehalten hatte… war nichts als die Frau seines Vaters, die keine Kinder bekommen konnte.

Er war siebzehn Jahre lang angelogen worden. Seine richtige Mutter war eigentlich ein Mensch gewesen, ein Mensch, der gestorben war, als sie ihm das Leben geschenkt hatte. Sein erstes Opfer. Er war ein Klasse B Vampir.

Das war der Grund, warum seine so genannte Mutter ihn nie geliebt hatte, er war nicht ihr Kind. Er war das Kind eines Menschen.

 

Die Sache war die… Rebellen hassten Adlige; egal ob Klasse A oder B, und seine Anziehsachen und sein Siegelring machten es offensichtlich. Sie waren keine große Gruppe und Key hätte sie leicht besiegen können, wäre er nicht so schwach gewesen; doch zu dieser Zeit… war er nichts als eine leichte Beute.

 

Doch er hatte Glück.

Er fand ihn.

 

Das war das erste Mal, dass er Lee Jinki sah. Alles an ihm schrie ‚Klasse A‘ und ‚Macht‘, und Kibum hätte nie gedacht, dass er sich so sehr freuen könnte, noch einmal einen Adligen zu sehen.

Hinter dem mächtig wirkenden Mann folgten mehr Vampire, in Uniformen gekleidet und mit Schusswaffen bewaffnet. Sie gingen an Kibum vorbei, als wäre er gar nicht da, und erledigten die Rebellen, deren Leichen sie danach beseitigten.

Immer noch geschockt hatte Kibum versucht, wegzurennen. Er durfte nicht erkannt und zurück zu der Villa seiner Eltern gebracht werden, es war viel zu früh!

Dennoch packte eine starke Hand seinen Arm und Kibum dachte, seine Freiheit wäre vorüber. Was er nicht erwartete… war das freundliche Lächeln, das der zuvor furchteinflößende, ernste Vampir ihm schenkte als er ihn fragte, ob er sich verirrt habe.

Onew gewährte ihm Unterschlupf. Als Leader des Klans ließ er Key ohne Fragen beitreten.

Er hätte nicht glücklicher sein können. Er hatte Freunde und ein neues Zuhause gewonnen.

Doch Onews Klan war etwas anders als das, was er erwartet hatte. Er war nicht wie der Klan seiner Familie; sie saßen nicht nur den ganzen Tag herum und tranken Wein, während sie über Politik sprachen.

Onews Klan hatte einen Zweck. Sie säuberten die Straßen von Rebellen und Bestien. Ihre Mission war es, die Menschen vor ihrer Art zu beschützen, diejenigen zu erledigen, die töteten, und die zu retten, die noch zu retten waren.

Die ‚Jagd‘ war genau das.

Mehr als ein Klan, mehr als eine Familie, waren sie Soldaten, sie hatten ein edles Ziel und jeder von ihnen kämpfte aus dem gleichen Grund.

 

„Key hyung!“, holte ihn eine vertraute Stimme aus seinen Gedanken.

Key murmelte eine Entschuldigung, schnappte sich seine Pistole und brachte sie an seiner Hüfte an, während der jüngere ihm einen missbilligenden Blick zuwarf. „Hör auf, abzudriften, wir sind in Eile! Mann…“

Key rollte die Augen und stellte sich vor den Spiegel, um seine Uniform mit dem Wappen des Klans auf der Brust zurechtzurücken. Er war der einzige, der diese Uniform trug, alle anderen hatten eine robustere. Warum? Weil er nicht wie die anderen Soldaten war.

Er war jetzt zwanzig Jahre alt und hatte bereits drei Jahre im Klan verbracht. Das hatte ihm viel Kampftraining gebracht und Onew war nicht wie seine ‚Mutter‘ oder sein Vater… er zwang ihn nicht dazu, seine Kraft zu gebrauchen, nein. Onew wurde ein wirklich guter Freund für ihn; er investierte in ihn, brachte ihn dazu zu lernen, trainieren und meditieren, aber nichts davon gegen seinen Willen.

Dadurch wurde Key stärker und lernte, seine Kraft zu kontrollieren, und mehr als das, er entdeckte die wahre Kraft eines ‚Sehers‘, etwas, das Onew stattdessen gern ‚Weise‘ nannte.

Visionen zu haben war eigentlich nicht das Wahre. Ein ‚Weiser‘ zu sein bedeutete mehr, viel mehr… und jetzt konnte er diese Kraft für einen ehrbaren Zweck einsetzen. Um Menschen zu beschützen.

 

„Ich hab gehört, dass Onew hyung Choi mit uns schicken wird.“, bemerkte Taemin, als er die Tür öffnete, um aufzubrechen.

„Choi? Du meinst Choi Minho?“ Key folgte ihm aus dem Raum und den endlosen Korridor entlang, der zu den Räumen der Soldaten führte. Sie lagen unterirdisch, direkt unter der Villa.

Die meisten Soldaten waren draußen, sie lebten in dem Gebäude neben der Villa, aber anders als die unterirdischen Räume waren diese Barracken, wo zehn und mehr Leute zusammen in einem Raum schliefen.

Die unterirdischen Räume waren für die besten Soldaten reserviert, für die Hauptmänner und Leute mit wichtigen Jobs, wie Informatiker und Wissenschaftler.

Man hatte ihm angeboten, in die Zimmer der höheren Klassen in der Villa zu ziehen, doch er hatte sich so daran gewöhnt, Leute um sich herum zu haben, etwas, das er zuhause früher nie hatte, dass er abgelehnt hatte. Er hatte stattdessen einen Raum neben Taemins bekommen und er hätte nicht glücklicher sein können. Es war mehr als genug.

Der jüngere nickte. „Dieser furchterregende Typ, der nie lächelt, ja.“

Key zog eine Grimasse während die beide den Korridor hinunterliefen. „Das ist merkwürdig. Er ist Onews rechte Hand, er verlässt seine Seite nie… es muss gefährlich sein.“ Key nickte rasch einer Soldatin zu, die ihnen entgegenkam und ihn anlächelte.

Taemin nickte und legte einen Finger auf die Lippen. „Nach dem, was ich gehört habe, ist es eine Gruppe von siebenundzwanzig Rebellen und schätzungsweise neun Bestien.“

Keys Augen weiteten sich bis zum Limit. „NEUN?!“, rief er und sah sich um, um zu sehen, ob jemand in der Nähe war. Glücklicherweise war da niemand. Er zog den maknae am Arm mit sich in eine dunkle Ecke und deutete mit einem anklagenden Finger auf ihn. „Woher weißt das überhaupt?!“

Der Junge wurde rot und sah zu Boden, wo er mit seinem Fuß unschuldig unsichtbare Formen zeichnete. „Ich hab’s aus Versehen… mitgehört…?“

Key seufzte laut und rieb sich die Stirn. „Du musst aufhören, Leute zu belauschen! Das ist unverschämt!“

Taemin schüttelte wie wild den Kopf. „Das hab ich gar nicht! Ich wollte mit Onew hyung reden und habe Stimmen in seinem Büro gehört, also…“

„Also hast du gelauscht.“, beendete Key siegreich.

Der maknae bemühte sich um sein bestes unschuldiges Gesicht und schob die Unterlippe ein bisschen vor. „Möglicherweise…?“

Key sah ihn mit misstrauischen Augen an.

Oh je… war er in Schwierigkeiten?

Er wusste, er durfte sich nicht in das Büro des Bosses einmischen, aber…

„Erzähl mir mehr.“ Key legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter und zog ihn heraus aus den Schatten, um ihren Weg durch den langen Korridor fortzusetzen.

Taemin grinste und fuhr fort: „Onew hyung hat versucht zu entscheiden, ob er dieses Mal auch mit uns kommen sollte. Er denkt, dass es eine schwierige Mission ist, die Menschen zu überwachen, die Bestien zu töten und die Rebellen loszuwerden. Er schickt seine besten Männer.“ Er lächelte und wandte sich nach links, um die Treppen hinaufzusteigen, die zu der Küche der Villa führten. Sie hätten auch die Haupttreppe nehmen können, die in den Gemeinschaftsraum der Miliz führte, doch sie hatten die Angewohnheit, diese Route zu nehmen und sich immer etwas aus der Küche zu stibitzen.

„Warum bist du überhaupt so aufgeregt? Es ist ja nicht so, als ob du mitkommen würdest.“ Key folgte ihm und schnappte sich einen Apfel aus einem Korb und biss davon ab, während sie weiter in den Raum eintraten und eine Tür öffneten, die nach draußen führte.

„Was?! Warum?!“, japste Taemin; seine Augen weiteten sich entsetzt.

„Du lernst immer noch und es ist zu gefährlich!“, erklärte Key ihm, als ob es offensichtlich sei.

„Ich bin schon seit acht Monaten hier! Acht!“ Der maknae hielt seinem Freund seine Finger vors Gesicht.

Key rollte die Augen und grinste, als er die Hand zur Seite schlug. „Oh ja, sehr beeindruckend.“

„Arrggghhh!“ machte Taemin frustriert und jammerte gleich danach: „Aber ummaaa-„

„Ich bin derjenige, der dir alles beigebracht hat, was du weißt, ich weiß was du kannst und was nicht. Du hast erst ein einziges Mal eine Bestie gesehen, du willst keinen neun gegenüberstehen, glaub mir.“, sagte Key in ernstem Tonfall und blieb vor einer großen Tür stehen, die in die große Halle der Villa führte. „Zu deiner eigenen Sicherheit… solltest du in der Villa bleiben.“ Key zeigte in die entgegengesetzte Richtung, zu der Tür, durch die sie gerade gekommen waren.

„Ich bin nicht schwach!“ Der jüngere sah ihn mit verzweifelten Augen an und Key zuckte zusammen. Warum er die Jagd so sehr liebte, war ihm ein Rätsel… manchmal machte es ihm Sorgen.

Key seufzte und legte eine Hand an die Wange des Jungen. „Ich weiß, das bist du nicht. Aber das hier scheint keine gewöhnliche Jagd zu sein. Ich werde selten gerufen und du weißt, warum, jedes Mal wenn sie mich rufen ist es ein schlechtes Omen. Ich will dich nur in Sicherheit wissen…“, sagte er ehrlich und sah zu, wie die Augen seines dongsaengs wieder normal wurden und ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen erschien.

Oh verdammt, es fühlte sich so gut an, wenn er seine Entscheidungen respektierte. Es wäre absolut schrecklich, wenn er beschließen würde, sich zu bekla-

Die Lippen des maknaes formten sich zu einem tückischen Grinsen und der Junge schob ihn zur Seite und lief an seinem Freund vorbei. „Ich frage Onew hyung!“

Key schnappte nach Luft, seine Augen weit aufgerissen. „YAH! LEE TAEMIN! KOMM SOFORT ZURÜCK DU KLEINER DÄMON!“, schrie er und folgte dem jüngeren nach drinnen.

Der Vampir mit den katzenhaften Augen stöhnte, als er die große Halle betrat und einen Blick auf blondes Haar erhaschte, das die Treppe hinauf verschwand. Verdammtes Balg! Er wusste doch, dass er da drinnen nicht rennen sollte. Key verbeugte sich leicht als Entschuldigung vor den wenigen Adligen, die auf den roten Samtsofas saßen, und ging dann nach oben, zum Büro des Klan-Leaders.

Taemin war wahrscheinlich der einzige Soldat, der Onews Quartier betreten durfte, ohne von den Wachen hinausgeworfen zu werden. Der Grund? Onew war derjenige, der ihn zum Vampir gemacht hatte. Er war Onews ‚Geschützter‘.

Er erinnerte sich noch sehr klar daran, wie sie ihn vor neun Monaten gefunden hatten…

Flashback

„Schnell! Bewegung! Bewegung! Bewegung!“ Ein Nachtangriff. Typisch.

Es war um die drei Uhr morgens und der Mond war hinter grauen, nebligen Wolken verborgen.

Soldaten rannen an ihm vorbei, Schrotflinten in ihren Armen, auf dem Weg zum nächsten Block. Einige Häuser brannten; Schreie ertönten aus allen Richtungen, gefolgt von Gewehrschüssen.

Atmen. Ein rasselndes Atmen war noch immer durch all diesen Lärm zu hören.

Aber nicht mehr lange. Key hasste dieses Atmen.

Während er langsam vorwärts ging, trat er gegen den Körper auf den Boden unter ihm.

Ein Rebell.

Der Mann hatte blutunterlaufene Augen, ihm fehlte ein Bein und ein Arm war nicht mehr zu retten. Er schnappte nach Luft, ein Einschussloch in der Nähe seiner Lunge.

Keys Lippen zuckten vor Abscheu. Verdammte Mörder.

„Wir werden euch… zunichtemachen… M-Mistkerle!“, zischte der Mann und versuchte, von dem bewaffneten Vampir vor ihm wegzukriechen.

Keys Finger verstärkten den Griff um seine Pistole und senkten sie auf den Mann hinab. „Möge diese Kugel dich von deinem Körper befreien und deine Seele erlösen.“, flüsterte er emotionslos.

Diese Kreaturen waren einmal Menschen gewesen, tief drinnen wusste er, dass das, was sie taten, nicht vollkommen ihre Schuld war, der Virus hatte sie so werden lassen. Und dafür… mussten sie sterben.

Der Mann rang nach Luft und lachte übergeschnappt. „Ihr werdet schon sehen…! Wir-“

BAMM

Der Vampir stand da, Finger am Abzug, und sah zu, wie das Licht in den Augen des Mannes erlosch, während Blut aus dem Loch in seiner Stirn sein Gesicht hinabrann.

Töten… war wirklich einfach. Es kam ihm mittlerweile beinahe natürlich vor…

Er wollte sich gerade umdrehen und weggehen, als etwas in seinem Kopf aufblitzte. Ein flüchtiger Blick auf eine verschwommene Szene, verworrene Geräusche, die durch seinen Kopf schwirrten.

Das war, was er eine ‚Warnung‘ nannte. So funktionierte seine Kraft, so bekam er seine Vorahnungen.

Key schloss seine Augen und die Vision überfiel ihn erneut, dieses Mal viel klarer.

„Nicht… Tut das nicht…! Taemin…!“,  konnte er eine Stimme in seinem Kopf hören. Da waren Schatten und Feuer… er hörte Lachen und jemand war-

Zwei Sekunden. Und danach nichts mehr. Die Szene verschwand einfach und zwang Key dazu, selbst zu kombinieren. Er öffnete die Augen und sah sich nach einem brennenden Haus um. Jemand war in Gefahr…!

„Sieht so aus, als wären wir hier fertig.“, erschrak ihn eine Stimme von hinten.

Key drehte sich um und entdeckte Onews Bodyguard, Choi Minho, der ihn mit ernster Miene ansah, ein langes Schwert in seiner blutbeschmierten Hand. Key blickte hinüber zu den brennenden Häusern am Ende der Straße. „Nein, sind wir nicht.“

Der größere Vampir warf ihm einen fragenden Blick zu und zog die Augenbrauen stirnrunzelnd zusammen. „Hast du etwas gesehen?“

Key ignorierte seine Frage und begann, auf die brennenden Häuser zuzurennen, während er sie mit den Augen nach irgendeinem Zeichen für Leute im Innern absuchte. Minho folgte ihm auf den Fersen. „Jemand… da drin.“

„Wo?“, fragte der Bodyguard und packte sein Schwert fester.

„Da…!“ Key deutete auf das dritte Haus, wo sich ein Schatten hinter dem Fenster im ersten Stock bewegte.

Was sie taten war grausam. Es war schwer vorstellbar, dass die Rebellen einmal unschuldige Menschen gewesen waren. Sie waren kranke, machthungrige Kreaturen. Sie töteten aus Spaß, lachten über arme, sterbende Lebewesen, tanzten um sie herum und jubelten über den Tod. Manchmal fragte sich Key, wer eigentlich die wahren Bestien waren…

In das brennende Haus einzudringen war nicht einfach. Das Holz begann hinunterzufallen, Teppiche und Vorhänge verbreiteten das Feuer rasch. Rebellen hassten Feuer… er fragte sich, warum sie noch immer dort drin waren…

„Nicht… Tut das nicht…! Taemin…!“

Keys Augen weiteten sich. .

Minho trat die Tür auf und zwei weibliche Rebellen wurden sichtbar; sie lachten.

Es dauerte nicht länger als eine Sekunde, und das Schwert des Bodyguards flog durch den Raum, Blut spritzte an die weiße Wand als zwei Köpfe zu Boden fielen, während ihre Körper noch standen, und das Schwert in der Wand steckenblieb.

Key blickte hinab auf einen schlecht gefärbten blonden Kopf, der umherrollte und gegen seinen Fuß stieß. Er kickte ihn beiläufig zur Seite und die Körper fielen vor ihm zu Boden. Doch er beachtete sie gar nicht, nein, seine Aufmerksamkeit galt etwas anderem. Jemand anderem.

Ein Junge. Ein Opfer. Lebendig und atmend, am Boden neben einem weiteren, toten Körper zusammengerollt.

Seine Augen schweiften im Raum umher. Eine mittelalte Frau war gegen die Couch gelehnt, ihr Kopf zur Seite geknickt und ihr Hals in der Mitte aufgerissen. Key zuckte zusammen. Die Augen der Frau waren weit aufgerissen und leblos. Nasse Spuren von Tränen glitzerten noch auf ihren Wangen.

Er konnte sich schon vorstellen, was hier passiert war. Diese Mistkerle…. hatten das Kind zusehen lassen, wie seine eigene Mutter starb…

Herzlose Kreaturen…

„Hyung… bleib zurück.“

Key schaute zu Minho und folgte seinem wütenden Blick. .

Er konnte ein verzweifeltes Atmen hören, vermischt mit Keuchen und Schluchzen, während die Hände des Jungen sich tief in den toten Körper neben ihm gruben, so tief, dass Blut auszutreten begann, als seine Nägel in den Arm des Mannes sanken.

Der Junge auf dem Boden trank von dem Mann… dem Mann, der nur sein eigener Vater sein konnte…

Sie waren zu spät…

Minho seufzte und ging zu seinem Schwert hinüber, um es aus der Wand zu ziehen. „Sein Körper hat den Virus akzeptiert. Er wird eine Bestie werden. Ich werde ihn töten.“

Keys Herz zog sich zusammen.

Der Junge war so hübsch… warum mussten sie ihn töten? Warum mussten sie das dieser Familie antun? Dieser Stadt?

Der Junge hatte dunkelblondes Haar, jetzt mit Blut verklebt, er hatte weibliche Gesichtszüge, aber männliche Wangenknochen, makellose Haut und volle Lippen. Und jetzt… würde er eine Bestie werden. Er hatte die giftige Seite des Virus überlebt und musste somit das grausame Schicksal erleiden, das zu werden, was jeder fürchtete, ein gefährlicher Körper ohne Seele, angetrieben von Hunger nach Fleisch und Durst nach Blut.

Sie hatten keine Wahl. Der Junge war verloren, er würde sterben und seine Eltern wiedersehen, frei von diesem grausamen Fluch.

Key verzog das Gesicht, als er mit dem Fuß gegen etwas Hartes stieß.

Er blickte hinunter und hob auf, was wie ein zerbrochener Rahmen aussah. Ein Familienportrait.

Da war er, derselbe Junge, etwas jünger, wie er breit in die Kamera lächelte, während er nach dem Arm seines Vaters griff. Neben ihm stand seine Mutter, die etwas in den Armen hielt… ein Baby. Ein kleines Mädchen.

. Der Junge hatte eine Schwester… und er hatte kein Kind im Haus gespürt… sie war jetzt wahrscheinlich tot.

Diese… widerlichen… Mistkerle.

„Was ist hier passiert?“, fragte eine tiefe, samtige Stimme hinter ihnen.

Key erschrak überrascht und drehte sich um. „Hyung! Bitte lass das! Du hast mich zu Tode erschreckt!“, japste er und griff sich ans Herz.

Minho kam zu ihnen herüber, sein Schwert in der Hand. „Eine ganze Familie wurde abgeschlachtet. Der Junge wurde in eine Bestie verwandelt, aber wir wollten ihn gerade erledigen, Sir.“, berichtete er, seine Augen unverwandt auf den Jungen am Boden gerichtet, bereit anzugreifen, falls er irgendetwas verdächtiges tun sollte.

Onew runzelte die Stirn und nahm den Rahmen aus den Händen seines Freundes. Dunkle Augen studierten das Bild, die Pupillen weiteten sich leicht. „Und das Mädchen?“

„Mädchen?“, wiederholte der Soldat verwirrt.

Key senkte den Blick und schüttelte den Kopf. „Keine Spur von ihr.“

Der ältere Vampir seufzte, seine Augen waren auf das Bild geheftet. „Verstehe…“

Minho sah sich ungeduldig um, als die Vorhänge ebenfalls Feuer fingen und sich die Flammen schnell im Raum ausbreiteten. „Wenn Sie erlauben, werde ich ihn jetzt töten, solange er noch schwach ist. Wir sollten das schnell erledigen und zurückgehen.“

Key nickte zustimmend. Das Haus war dabei, zu Asche zu zerfallen, und weitere Menschen würden bald kommen. Die Leichen der Rebellen waren mittlerweile von den Straßen beseitigt worden und die toten Menschen wurden zu ihren Häusern zurückgebracht, sodass es wie ein großer Unfall aussehen würde. Was würden sie dieses Mal sagen? Eine gewaltige Explosion? Ein Serienmörder? Was auch immer sie sich ausdenken würden, sie sollten wirklich-

„Nein.“

„Nein?“, wiederholte Key mit großen Augen die Erwiderung des Anführers; Minho sah genauso geschockt aus wie er. Wie meinte er das, ‚nein‘?

Der ältere Mann näherte sich dem Jungen und kniete vor ihm nieder, um dann sein Kinn zu fassen und hochzudrücken. Die Augen des Jungen waren unfokussiert, blutunterlaufen und tränenverschleiert, mit bis zum Maximum geweiteten Pupillen; aus seinem Mund tropfte Blut, seine Fangzähne waren noch zart und zierlich, und seine Nasenflügel bewegten sich schnell zum Rhythmus seiner verzweifelten, beschleunigten Atmung. „Armer Junge… er hat viel durchgemacht… musste seine Familie sterben sehen… und von ihnen trinken, um zu überleben.“

Keys Herz setzte einen Schlag aus und seine Augen wurden sogar noch größer als er sah, wie eine neu geformte Träne die Wange des Jungen hinunterlief.

Bestien… weinten nicht, richtig? Bestien sollten wilde, seelenlose Kreaturen sein. Verstand der Junge etwa tatsächlich, was Onew gesagt hatte?

„Sir…!“, rief der größte der Vampire, um sie an das brennende Haus um sie herum zu erinnern.

Onew tätschelte das blutverklebte Haar des Jungen und beobachtete seine tränengefüllten Augen verwirrt im Raum umherwandern, seine vollen rosa Lippen vor Schmerz wimmern. „Es gibt noch Hoffnung für diesen.“

„Was meinst du?“ Key runzelte die Stirn. Das konnte er nicht ernstmeinen. Er hatte schon gegen viele Bestien gekämpft, sie waren wild, vollkommen ungezähmt und primitiv. Einmal gebissen und infiziert gab es kein Medikament, das ihre Krankheit heilen würde.

Der Anführer stand auf, packte den Jungen am Kragen seines Shirts und zog ihn ohne jeden Aufwand auf die Beine, dabei seine Schmerzensschreie ignorierend. „Minho, trommel die Soldaten zusammen. Wir sind für heute Nacht fertig. Wir werden bald zu euch stoßen.“

Der Bodyguard starrte ihn verwirrt an. „Aber Sir, die Bestie-“

Der ältere starrte wütend zurück, während der verängstigte Junge unter seinem Griff schrie. „Ich werde mich um ihn kümmern. Geh.“

Minho senkte den Blick und presste seine Lippen zu einer schmalen, wütenden Linie zusammen. Er stimmte dem nicht zu, es war illegal, zu versuchen, einer Bestie zu helfen, illegal, sie am Leben zu lassen… doch er war ein Soldat. Und Soldaten mussten die Befehle ihrer Anführer befolgen, gehorchen und den Mund halten. „Ja, Sir… Wie Sie wünschen, Sir.“ Er verbeugte sich und verließ dann schleunigst den Raum.

In Keys Kopf drehte sich alles. Was verdammt noch mal ging hier vor?! Dachte Onew etwa ernsthaft daran, dem Jungen zu helfen?

Katzenhafte Augen sahen geschockt zu, wie der Anführer den Jungen festhielt und ihn von allen leblosen Körpern fernhielt, sodass er nicht von ihnen trinken konnte.

Onew… wollte nicht, dass er menschliches Blut trank. Und das konnte nur eins bedeuten…

Nachdem man gebissen wurde, gelangte der Virus schnell in den Blutkreislauf und griff die Blutzellen an und infizierte sie. Das verursachte einen massiven Schock, der dem Körper kollabieren ließ und das Herz einige Minuten zum Stillstand brachte, sodass der Virus Zeit hatte, um schnell seine Arbeit zu tun, also die neuen Eckzähne zu bilden.

Die alten, menschlichen Fangzähne fielen aus und innerhalb von Minuten brachen neue Zähne durch das Zahnfleisch hervor, was einen immensen Schmerz zur Folge hatte. Der Schmerz war so stark, dass er dem Gehirn genug Kraft gab, um das Herz wieder zum Schlagen zu bringen und den Körper aus seinem vorübergehenden Tod zu wecken.

Aufgrund dieses ‚zeitweiligen Todes‘ wurden Erinnerungen von dem Gehirn des Opfers gelöscht. Das war der problematischste Aspekt des Virus‘, denn manche verloren nicht nur ihre Erinnerungen, sondern auch ihr gesamtes Wissen. Manche Bestien mussten sogar erst nochmal lernen, zu laufen, zu rennen und zu springen, viele vergaßen sogar, wie man spricht. Nachdem sie ‚wiedergeboren‘ wurde, funktionierte der Kopf einer Bestie wie der eines Tieres; und sie wussten nur eine Sache: Dass sie trinken mussten.

Menschliches Blut zu trinken machte eine Bestie stark, doch es stärkte auch den Virus, was die Person animalischer und weniger menschlich werden ließ. Aus diesem Grund waren Bestien so gefürchtet und gefährlich, sie waren wild, gewalttätig und hatten einfach keine Kontrolle über sich. Sie waren Tiere.

Die meisten Level Cs verloren ihre Erinnerungen nicht, und wenn doch lag es daran, dass die Person, die sie gebissen hatte, nicht sehr stark war. Rebellen verloren Teile ihrer Erinnerungen, doch nicht alle, sodass sie noch in der Gesellschaft leben und normal mit Leuten umgehen konnten, nur Bestien verloren ihre gesamte Vergangenheit.

Die meisten Legenden sagten, Vampire seien unsterblich. Das waren sie nicht.

Ein Vampir aus Klasse A oder B hatte eine etwas längere Lebensdauer, aber nichts Außergewöhnliches. Der Grund, aus dem die meisten Legenden das behaupteten, lag einfach daran, dass sie Blut trinken mussten, um den Virus zu füttern, um zu überleben; und neues menschliches Blut bedeutete neue Zellen, sodass ihre Haut nie wirklich Falten bekam oder so alterte, wie die eines Menschen. Aber sie waren nicht unsterblich. Überhaupt nicht.

Sie waren gar nicht viel anders als die Menschen, sie waren nur… eine infizierte Rasse.

Dieser Junge hatte den ersten Prozess der Verwandlung bereits abgeschlossen. Er hatte keine Erinnerungen an seine Vergangenheit mehr, das einzige was er wusste, war, dass er Blut brauchte, um zu überleben. Der Virus verlangte danach.

„Was geht hier vor?“, fragte Key und beobachtete, wie der Leader seinen Gürtel abschnallte und dem Jungen damit die Hände auf den Rücken band, sodass er sich nicht mehr bewegen konnte. Der Junge keuchte, seine Augen rollten nach oben und sein schmerzverzerrtes Gesicht war schweißbedeckt. Er wurde langsam fiebrig. Nicht zu trinken machte den Virus schwach, doch es bedeutete auch den Tod des Körpers.

Key verstand überhaupt nichts mehr. Er brachte den Jungen langsam um. Wenn er den Tod des Jungen wollte, warum konnten sie ihm nicht einen kurzen, sauberen Tod geben? Warum sollten sie ihn so quälen? „Was tust du da?“

„Etwas, das ich nicht sollte.“, antwortete der ältere, hob den Jungen auf und legte ihn sich über die Schulter. Er kickte einen der blutigen Köpfe der Rebellen aus dem Weg, als er auf die Tür zuging. „Komm. Es ist hier zu gefährlich, um hier zu bleiben.“

Key fühlte sich, als würde er träumen. Er war noch nie zuvor so verwirrt gewesen.

Onews Klan war gegründet worden, um Menschen und andere Vampire vor Bestien und Rebellen zu beschützen, und jetzt trug er eine davon auf seiner Schulter herum? Was zur Hölle?!

Seit er dem Klan beigetreten war hatte man ihm beigebracht, kein Mitleid für diese Rassen zu empfinden, zu verstehen, dass sie nicht mehr vernünftig waren, dass sie wilde Tötungsmaschinen waren und dass es in der Welt keinen Platz für sie gab.

Es war Onew, der ihnen vor jedem Kampf das gleiche sagte: „Lasst niemandem am Leben, beseitigt alle Leichen.“ Also warum? Warum hatte er seine Meinung geändert? Ausgerechnet er?

Keys Kopf begann zu schmerzen, und er folgte dem Leader einfach nur nach draußen, bereit, ihn mit Fragen zu bombardieren, sobald sie an einem sicheren Ort waren.

Der ältere wählte den Park des Dorfes, um den Jungen auf dem Boden abzusetzen, versteckt hinter großen Büschen und Bäumen, weit weg von jedem brennenden Haus.

„Ich hätte wirklich nichts gegen eine Erklärung hierfür.“ Key verschränkte die Arme vor der Brust und sah dem Leader dabei zu, wie er erfolglos versuchte, den Jungen aufrecht hinzusetzen. Der Vampir rollte die Augen. Der Junge hatte nicht getrunken, was hatte er erwartet? Er war ja sogar zu schwach, um richtig zu atmen!

„Wir müssen ihn nicht töten.“

„Was willst du damit sagen, ‚das müssen wir nicht‘?!“ Key wollte am liebsten schreien. Onew hatte tatsächlich Mitleid mit dem Jungen! Warum? Was war an diesem Jungen anders als an den anderen Menschen, die sie sich in Bestien verwandeln sehen hatten?

„Es gibt noch Hoffnung für diesen.“, sagte der Leader flüsternd, seine Hand legte sich auf die Stirn des Jungen. „Eine kleine Chance… aber immer noch eine Chance.“

„Chance? Hoffnung?“, wiederholte Key komplett verwirrt. „Ich dachte es gäbe kein Zurück für eine Bestie! Das hast du mir selbst gesagt!“

„Gibt es auch nicht.“, bestätigte Onew; seine dunklen Augen sahen zu Key auf. „Aber er ist noch keine Bestie.“

Was?

Noch nicht? Aber der Virus… die Fangzähne…!

Der ältere der beiden blickte zurück zu dem blonden Jungen, der zu ihren Füßen im Gras lag und dessen Körper sich bereits in Krämpfen schüttelte. Er war jetzt in großer Not nach Blut. „Der Virus hat den Prozess nicht vollständig abgeschlossen. Er hat sich noch nicht verwandelt… ich kann ihn retten.“

Key erstarrte.

Er würde jetzt etwas fragen, wozu er die Antwort schon kannte, doch… er musste sicher sein. „Wie?“

„Indem ich ihm mein Blut gebe…“

Ende des Flashbacks

 

Key sah es noch vor sich als wäre es gestern gewesen.

Das nächste, was er registriert hatte, war, wie der Leader seinen Ärmel aufriss, eine offene Wunde in sein eigenes Handgelenk biss und den sterbenden Jungen an seinen Arm führte.

Es war schrecklich gewesen. Die Art, wie Taemin das Blut gerochen und sofort reagiert hatte, wie er an Onews Arm geleckt und gesaugt hatte wie ein tollwütiger Wolf.

Er erinnerte sich, wie die Haut des Jungen wieder Farbe gewonnen hatte, seine Pupillen sich fokussiert hatten, seine Hände wieder Kraft gewonnen hatten und seine Nägel sich in den Arm des Leaders gruben, während er das Blut verzweifelt in sich hineinsaugte.

Er war es gewesen, der ihn von Onew weggezogen hatte, als der gesagt hatte, dass er nicht mehr brauche, dass es mehr als genug gewesen sei.

Blut… war die stärkste Droge für Vampire. Jedes Blut hatte seinen eigenen Geschmack, jedes Blut schmeckte und roch anders. Und das Blut eines Klasse A Vampirs… eines vollblütigen Vampirs… war das, was von allen am stärksten süchtig machte. Man sagte, es sei das süßeste, dass es die Sinne betäuben und wie ein natürliches Aphrodisiakum wirken würde, sodass es schwer war, davon abzulassen.

Taemin konnte sich nur an acht Monate seines neuen Lebens erinnern. Nur sehr wenige kannten die Wahrheit, sehr wenige wussten, dass er nicht acht, sondern neun Monate hier gewesen war.

Sie hatten es ihm nie gesagt. Sie hatten ihm nie gesagt, dass er beinahe eine Bestie geworden wäre, dass er einen ganzen Monat in den Kerkern weggesperrt gewesen war, gründlich beobachtet von Wissenschaftlern und unter Onews und Keys Augen.

Sie waren sich nie sicher gewesen, ob er es schaffen würde. Sein Körper hätte entweder Onews Blut akzeptieren und ihm erlauben können, das von den Rebellen infizierte Blut zu säubern, sodass er zu einem Klasse C Vampir würde, einem normalen Vampir anstelle einer Bestie, oder er hätte sterben können, wenn sein Körper der plötzlichen drastischen Umstellung nicht standgehalten hätte.

Gott sei Dank, und beinahe wie ein Wunder… hatte der Junge einen Monat später seine Augen geöffnet.

Und er hatte sie nicht geöffnet, um zu schreien oder brüllen wie eine Bestie… wie er es die ersten paar Wochen getan hatte. Nach und nach war der Junge immer weniger aggressiv geworden, nach einer Weile waren keine Ketten mehr nötig gewesen und er griff einen nicht mehr an, wenn man sich seinem Käfig näherte.

Ja, ein Käfig. Denn Taemin war nicht gerade eine schlafende Schönheit gewesen, nachdem er Onews Blut bekommen hatte.

Key hatte es gesehen. Er hatte es alles gesehen. Er hatte den Jungen zu der Zeit überhaupt nicht gekannt, aber… bei ihm zu sein, zuzusehen, wie er Blut erbrach, weil sein Körper es mal akzeptierte und mal nicht, wie er in hohem Fieber stöhnte, sein Körper komplett nassgeschwitzt… er fühlte sich, als müsse er ihn beschützen.

Manchmal hatte er ausgesehen, als wäre er besessen, hatte geschrien und an den Gitterstäben gerüttelt wie ein wildes Tier, und Key hatte sich gefragt, ob er jemals die Chance haben würde, etwas anderes zu werden, ob er überleben würde.

Das einzige, was er derzeit von dem Jungen gewusst hatte, war sein Name. Nichts sonst.

Da er Onews ‚Geschützter‘ war, der Titel, den Vampire jemandem gaben, der von ihnen gebissen und verwandelt worden war, hatte der Leader Taemin seinen Nachnamen gegeben.  Von da an war der Junge Lee Taemin, nicht länger eine Bestie, versteckt in den Kerkern, verborgen vor den Augen des Klans, vor jedem, eingesperrt in einen Käfig, von Ketten gefesselt… er war mehr als das. Viel mehr.

In dem Moment, in dem der Junge zu Bewusstsein gekommen war, sich verwirrt umgesehen und gefragt hatte, wer die Leute um ihn herum waren, hatte Onew gewusst, dass er eine Entscheidung treffen musste. Er hätte ihm entweder sagen können, was wirklich passiert war, wie seine Familie ermordet worden war, wie er ihn gerettet hatte und dass er eine Bestie gewesen war… oder er hätte einfach lügen und ihm diesen Schmerz ersparen können.

Er entschied sich zu lügen.

Taemin hatte nie erfahren, dass er beinahe eine Bestie gewesen wäre. Nein, er war mit einer Lüge gefüttert worden; er glaubte, er sei in einem Waisenheim aufgewachsen und Onew habe ihn vor einem Feuer gerettet, indem er ihn zum Vampir machte.  Es war eine billige Lüge, aber sie funktionierte.

Taemin sah Onew wie einen großen Bruder, seinen Retter, seinen Helden, und Key konnte nicht sagen, dass es nicht fair war; Onew hatte ihn schließlich gerettet. Aber nicht vor einem Feuer, nicht vor dem Tod, von dem er ihm erzählt hatte.

Es war komisch gewesen. Sie hatten nicht gewusst, wie viele Erinnerungen der Junge verloren hatte, und in den ersten Tagen waren sie sehr vorsichtig gewesen mit dem, was sie sagten. Die Wahrheit war, dass Taemins Gedächtnis wie ein weißes Blatt Papier war, das nur darauf wartete, beschrieben zu werden. Er konnte sich an nichts aus seinem vorherigen Leben erinnern, aber er konnte laufen und sprechen und wusste, wie er sich in der Gesellschaft verhalten sollte.

Wenn Onew ihn nicht von den Leichen weggezogen und ihn vom Trinken abgehalten hätte… wäre nichts davon möglich gewesen. Der Prozess hätte sich vervollständigt und Taemin wäre nur eine weitere seelenlose Kreatur gewesen, eine Bestie, die es zu töten galt.

Key war auf Onews Bitte hin sein Lehrer geworden.

Er hatte protestiert und gesagt, dass er kein Lehrer sei, dass er dem Jungen nie würde erklären können, wie ihre Welt funktionierte, dass es zu schwierig sei. Letztendlich machte er es sowieso.

Taemin war schlau, und zu Keys Freude lernte er schnell. Nach einer Weile hatten sie eine Bindung geknüpft und Key konnte einfach nicht anders, als dem niedlichen Jungen dauernd mit irgendetwas in den Ohren zu liegen, genau wie eine Mutter es tun würde.

Als Geschützter des Leaders, was ein großer Titel war, wurde Taemin in der Villa wie ein junger Prinz betrachtet und behandelt und Onew hatte ihn von allen Gefahren fernhalten wollen, indem er ihn als Teil der Adligen großzog. Das war nie passiert.

Taemin hatte sich heimlich rausgeschlichen, um Key mit den anderen Soldaten trainieren zu sehen. Er hatte das so oft getan, dass Onew gezwungen gewesen war, ihn in die Armee zu lassen; und Key war wieder sein Lehrer geworden, diesmal um zu kämpfen.

Key konnte nicht anders, als zu lächeln. Er hatte den Jungen neu geboren werden, überleben, weinen und lachen gesehen, er war da gewesen, wenn er einschlief, und um ihn morgens aufzuwecken, er kannte den Ausdruck auf seinem Gesicht wenn er seine Augenbrauen vor Konzentration zusammenzog, wenn er ihm neue Techniken beibrachte… er fühlte sich wie eine stolze Mutter, die ihr Kind aufwachsen sah.

Doch Taemin war von Anfang an ein rebellisches Kind gewesen und jetzt… wollte er mit ihnen kommen. Tja, .

Ja, er konnte sich zwar mittlerweile selbst verteidigen und er hatte unter Keys beschützenden Augen schon an kleinen Missionen teilgenommen, aber… das hier war ernst! Das war nicht bloß ein kleiner Kampf!

Mit hastigen Schritten lief Key den Korridor hinab, auf die letzte und größte Tür zu… Onews Büro. 
 

 


A/N:

SCHON EIN LANGES KAPITEL! OMG!

...

Also HIIIIIIIIIIII LEUTE, ICH BIN WIEDER DA!

Cruor Corvus hier! Und jetzt erschöpfter als jemals zuvor yaaaaaaay! 

Wie auch immer... was ich sagen wollte ist...

BESCHWERT EUCH NICHT, DASS IM ERSTEN KAPITEL NOCH KEIN JONGKEY VORKAM!

Wenn ihr für heißen Vampir hier seid... ja, den werdet ihr kriegen.

ABER NOCH NICHT!

Denn... das hier ist eher ein informatives Intro, als ein RICHTIGES Kapitel.

Diesmal werden all unsere Jungs, und ich meine ALLE VON IHNEN, eine Geschichte haben.

Bevor ihr euch aufregt, NEIN, ich werde nicht anfangen, Seitengeschichten zu posten oder so... Das hier ist eine JongKey story und eine Liebesgeschichte!

Trotzdem... gefällt es mir nicht, die anderen in einer Ecke schmollen zu lassen, und ich habe ihnen VERGANGENHEITEN gegeben.

WER MAG KEINE DUNKLEN  VERGANGENHEITEN?

ICH SCHON.

Das zählt jetzt nicht als Spoiler, oder?

HOFFENTLICH MOCHTET IHR DAS ERSTE KAPITEL!

ICH LIEBE EUCH ALLE!

PS: Ich hoffe wirklich, dass ihr das mit den Klassen verstanden habt, das ist echt wichtig.

Wenn ihr irgendwelche fragen habt, wisst ihr, dass ich IMMER auf eure Kommentare antworte ^_^


T/N:

Wow. ENDLICH. 

Ich hab das erste Kapitel übersetzt!!! ^O^

Also, wenn ihr irgendwelche fragen habt, FRAGT. ;3

 

 

sooooo und jeeeeeeetzt:

 

IST DIESE STORY NICHT EINFACH DER HAMMER?!?!?! OMG SIE IST SO ÜBERTRIEBEN GEIL AWESRDFTGZUHIJGFDTZSRDZFTUHIOJIHGUFZUDTZRSTFUGIHOIHOGUZIFUDT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! *_______________________*

 

 

Sagt mir in den comments, wie ihr das Kapitel fandet, und ich werde es Andy (der Autorin) erzählen ^.^

 

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Thank you!
KatieTranslates
Kapitel 4 von "Die Bestie" ist endlich da!

Comments

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vixxleolover1
#1
Chapter 4: Omg bin grade auf diese FF gestoßen und ich find sie toll und hoffe das du bald wieder hochlädst :-D

Es ist so spannend zu lesen wie Jonghyun key vertraut und key versucht Jonghyun wieder normal zu machen einfach genial :-D

Also bitte mach weiter und lad bitte bald wieder hoch ♡
Metliz #2
Chapter 4: Ich finde deine geschichte so spannend und bin auf das nächste gespannt
Princess-Luna
#3
Chapter 3: ich finde die geschichte ist interesant und wegen dem roleplay würde ich gerne mitmachen wenn es ginge
2minfan24199 #4
Chapter 1: Sry aber Yeobo heißt nich schatz yeobo heißt Honig/honey
2minfan24199 #5
Chapter 3: Wann geht es weiter diese geschichte is soooooooooooo geil:-D:-D
Channie96 #6
Chapter 2: das ist so krass spanned o.o
Channie96 #7
Chapter 1: wie geil ist das den 0.0 das ist meine erste fanfiction..und die beste die ich jeeee laß *_______*
MKstyle #8
Chapter 2: OH MY GOOOOOOOOOOOOOOOOOD <333333 endlich konnte ich das 2. kapitel dann auch mal lesen..ich hab samstag voll verpennent..sorry :/ aber oh mein gott!!!!!!!! ich sterbe mal wieder und du MUSST updaten <33333333333333
sonst werde ich sterben...und oh mein gott diese story ist so GEIL !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Sie sollte verfilmt werden!!
ich werde zwar sterben wenn ich den film dann gucke weil ich key wie immer so geil finde dass er mir den letzten rest leben, den ich noch habe weil die story ihn mir noch nicht ausgesaugt hat, aussaugen wird wenn ich ihn sehe aber das ist es mir wert :D <3